Freundin mit Depressionen: Wie soll man damit umgehen?

Freundin mit Depressionen | Tipps. Hilfe, Do's & Dont's (© Mary Long / stock.adobe.com)

Freundin mit Depressionen – Was kann ich tun, was sollte ich lassen?

Manche Menschen erleben eine Lebenspartnerin, einen Freund oder eine Freundin mit Depressionen. Ob die Neigung zur Depressivität sich erst einstellt, wenn man sich schon länger kennt oder ob der Mensch sich sehr bald als depressiv outet, ist unterschiedlich. Ebenso kann der Grad einer Depression sehr unterschiedlich sein.

Leider passiert es aber auch, dass langjährige Freunde depressiv sind und mit niemandem darüber reden. Manche schaffen es sogar, ihr gesamtes Umfeld darüber hinwegzutäuschen, dass sie Suizidgedanken haben. Sie verhalten sich weiter ganz normal und halten ihre Krankheit absichtsvoll unter Verschluss. Über die Gründe kann man nur spekulieren.

In diesem Fall bleibt die Erkrankung lange Zeit unbemerkt. Sie fällt erst bei einem Suizidversuch oder einem vollendeten Suizid auf. Die Angehörigen und Freunde haben dann Schuldgefühle, weil sie nichts von der Hoffnungslosigkeit ihres Verwandten oder Kumpels gemerkt haben. Dabei wurden sie bewusst über die Symptome getäuscht.

Sind Depressionen bei Jugendlichen immer behandlungsbedürftig?

Depression ist eine Krankheit, die als harmlose Winterdepression, als depressive Phase in der Pubertät oder als gravierende Depressivität mit Suizidgedanken auftreten kann. Im Falle der Winterdepression oder des Herbst-Blues handelt es sich um eine saisonale Depressivität. Ausgelöst wird sie durch den Lichtmangel in den dunklen Jahreszeit. Man kann diese leichte Depression mit Tageslichtlampen und Johanniskraut lindern. Sie geht vorüber.

Depressive Phasen in der Pubertät sind ernster zu nehmen. Man könnte sie als situative oder situationsbezogene Depressivität bezeichnen. Die Pubertät ist eine Phase des inneren Umbruchs und der Entwicklung zum Erwachsenen. Die hormonelle Umstellung macht den meisten Jugendlichen zu schaffen. Ihre Familie und manche ihrer Freunde leiden unter den wechselnden Stimmungen ihres Gegenübers. Zuweilen wird das Miteinander strapaziös. Ängste, Traumata und sexueller Missbrauch können Gründe sein, warum eine situationsbedingte Depression entsteht.

In diesem Fall ist psychologische Hilfe sinnvoll. Medizinische Hilfe ist nötig, wenn Hormonstörungen depressive Phasen auslösen. Manchmal verdeckt latente Aggressivität Gefühle wie Selbstzweifel, mangelndes Selbstwertgefühl und Hoffnungslosigkeit. Es ist daher wichtig, dass Jugendliche in der Pubertät Liebe und Unterstützung durch die Familie erfahren. Das Verständnis ihrer Freunde fängt sie ebenfalls auf. Latente Zukunftsängste, Unsicherheit und deprimierende Familienverhältnisse führen bei situativen Depressionen meist nicht dazu, sich umzubringen. Suizidgedanken sind aber auch bei dieser Art der Depression ernst zu nehmen. Denn auch Traumata können situative Depressionen auslösen.

Handelt es sich um eine klinische Depression mit höherem Schweregrad (siehe auch: Was ist eine Major Depression?), ist diese Krankheit in jedem Fall behandlungsbedürftig – ob mit oder ohne Suizidgedanken. Die Frage ist aber, ob man als Freund oder Angehöriger überhaupt erkennen immer kann, dass das vertraute Gegenüber eine mittelschwere bis schwere Depression hat. Das Verhalten der Betroffenen lässt manchmal keinen Rückschluss auf eine schwere Depression zu.

In manchen Fällen ziehen sich diese Personen ohne Angabe von Gründen von ihrer Familie und dem gewohnten sozialen Umfeld zurück. Wegen ihrer depressiven Gedanken wirken solche Menschen in sich gekehrt, niedergeschlagen und apathisch. Sie grübeln ständig (vgl. Was hilft gegen Grübeln?) und verfangen sich ein einem Wust von Negativität. Selbst vertraute Menschen und enge Freunde erreichen sie nicht mit Gesprächsversuchen. Die Hoffnungslosigkeit ist Ausdruck einer Verzweiflung, die tieferliegende Ursachen hat. Ohne eine Therapie kann solchen Menschen nicht geholfen werden. Was aber könnten Freunde in so einem Fall tun?

Quellen:

  • gesundheit.de/krankheiten/psyche-und-sucht/depressionen/saisonal-abhaengige-depression-sad
  • deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/depression-in-verschiedenen-facetten/winterdepression
  • spiegato.com/de/was-ist-eine-situative-depression
  • palverlag.de/selbstmord-suizid.html
  • stress-emotion-depression.over-blog.com/article-definition-der-klinischen-depression-86147537.html
Freundin mit Depressionen | Tipps. Hilfe, Do's & Dont's (© Mary Long / stock.adobe.com)
Freundin mit Depressionen | Tipps. Hilfe, Do’s & Dont’s (© Mary Long / stock.adobe.com)

Der Umgang mit depressiven Freunden

Wenn enge Freunde in der Lage sind, eine Depression richtig einzuschätzen, ist das hilfreich (siehe auch Depression Phasen). Es versetzt sie aber trotzdem nicht immer in die Lage, angemessen darauf zu reagieren. Einem depressiven Menschen zu helfen, ist schwierig. Eine Depression belastet die Beziehung, wie man von Torwart Robert Enke und anderen Betroffenen weiß. Sich als depressive Person zu outen, fällt meistens schwer. Zudem erkennen viele Menschen ihren Zustand selbst nicht als Depression. Daher sind Gesprächsangebote nur bedingt hilfreich. „Du verstehst mich ja doch nicht.“, ist bei depressiven Menschen ein häufig zu hörender Satz.

Was also kann man tun? Wenig hilfreich sind Aufmunterungs- und Ablenkungsversuche. Obwohl es kein Patentrezept für den Umgang mit einer Freundin mit Depressionen oder anderen depressiven Menschen gibt, ist der Rat, sich Hilfe zu holen und den Hausarzt zu konsultieren, richtig. Depressionen belasten eine Partnerschaft enorm. Sie machen Angst, insbesondere wenn Suizidgedanken im Spiel sind. Fachleute benennen folgende Ratschläge als hilfreiche Strategien:

  • sich über Depressionen zu informieren, um die Symptome richtig zuordnen
  • Verständnis für den Erkrankten zeigen
  • die Depression als Krankheit erkennen, für die der/die Freund(in) nichts kann
  • ihn/sie im Alltag unterstützen, ohne zu bevormunden
  • mitteilen, dass es Hilfsangebote und Hoffnung gibt
  • die depressiven Sichtweisen des Kranken akzeptieren
  • ihm signalisieren, dass man solche Phasen bewältigen kann
  • geduldig bleiben, eigene Erwartungen zurückschrauben
  • eigene Grenzen achten, Selbstfürsorge betreiben
  • und gegebenenfalls Unterstützung bei Beratungsstellen oder dem Hausarzt in Anspruch nehmen.

Es gibt Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen für Betroffene und ihre Familie. Filme auf YouTube sind ebenfalls als Informationsquelle nützlich, weil hier neben Fachleuten auch (ehemalige) Betroffene zu Wort kommen. Solche Filme gemeinsam z.B. mit einer Freundin mit Depressionen anzusehen, kann die richtigen Impulse beim anderen auslösen. Sie versteht, dass sie mit ihren Gefühlen nicht alleine ist.

Quellen:

  • youtube.com/watch?v=CmlrNi-FSpo
  • aok-erleben.de/artikel/umgang-mit-depressiven-menschen-so-kannst-du-helfen
  • depression-behandeln.de/depression-freunde.html
  • news.de/gesundheit/855869311/selbstmord-hilfe-telefonseelsorge-chat-e-mail-bei-suizid-anonyme-hilfsangebote-bei-gedanken-um-tod-im-netz/1/
  • deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/rat-fuer-angehoerige

Wenn die beste Freundin sich das Leben nimmt

Alles, was hier gesagt wird, gilt gleichermaßen für den besten Freund, den Bruder, die Schwester, den eigenen Partner oder andere nahestehende Angehörige. Partner und Angehörige trifft ein Suizid oft unvermittelt, ohne Vorwarnung.

Manchmal lagen bereits mehrere Suizidversuche vor. In diesem Fall erkennen Angehörige und Partner zwar die Suizidneigung – aber das macht nichts leichter. So oder so wird jede Beziehung dadurch extrem belastet. Der selbstgewählte Tod weckt Schuldgefühle und Fragen. Er bringt Freunde, Partner und Angehörige an den Rand der Belastungsfähigkeit. Die von einem Suizid Betroffenen befinden sich im Schockzustand. Sie sind traumatisiert und benötigen nun selbst Hilfe, um Trauer und Selbstvorwürfe zu verarbeiten.

Gefühle der Trauer durchlaufen mehrere Phasen. Selbstvorwürfe und drängende Fragen nach dem Warum verlangen nach Antworten und Klärung. Oft hilft es, wenn die Betroffenen sich mit ähnlich Betroffenen sowie deren Freunden und Bekannten in Selbsthilfegruppen austauschen. Manchmal hilft ein Beruhigungsmittel über den Schockzustand hinweg. Doch irgendwann kommt der seelische Schmerz. Der Verlust einer Freundin, eines Freundes oder eines Partners wiegt schwer. Therapeuten bieten in solchen Fällen Einzel- oder Familientherapien an. Die Erkrankung und ihre Folgen müssen aufgearbeitet werden.

Der Besuch eines Therapeuten hilft, Gefühle zu klären und die Entscheidung einer Freundin oder Partnerin, aus dem Leben zu gehen, zu akzeptieren. Das eigene Leben geht trotzdem weiter. Wichtig ist aber, dass man die Erkrankung des anderen nicht zum Anlass nimmt, nun selbst depressiv zu werden. Außerdem kann ein solches Trauma zu einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) oder Alkoholproblemen führen, wenn sie nicht zeitnah verarbeitet wird.

Ihre Gefühle sind in Aufruhr. Ohne eine Behandlung wird es Ihnen vermutlich nicht besser gehen. Eine neue Partnerschaft wäre von vorneherein starken Belastungen ausgesetzt. Das unverarbeitete Trauma durch den Selbstmord eines geliebten Menschen belastet jede Beziehung nachhaltig.

Quellen:

  • palverlag.de/selbstmord-angehoeriger.html
  • onmeda.de/gesundheit/psychologie/suizid-id201753/
  • studierendenberatung.at/persoenliche-probleme/selbstmordgedanken-absichten/warum-sich-menschen-das-leben-nehmen/
  • psychische-hilfe.wien.gv.at/fakten/suizidpraevention/notfall-und-krisensituationen-soforthilfe/wie-erkennen-sie-dass-jemand-suizidgefaehrdet-ist/
  • thueringer-allgemeine.de/regionen/eichsfeld/wenn-ein-mensch-sich-das-leben-nimmt-id227722119.html
  • welt.de/gesundheit/psychologie/article131918175/Alle-40-Sekunden-bringt-sich-ein-Mensch-um.html
  • ekhn.de/service/angebote/diakonie-und-unterstuetzung/hilfe-fuer-suizidgefaehrdete/nach-einem-suizid-hilfe-fuer-betroffene-angehoerige-und-freunde.html
  • hilfe-nach-suizid.de/

Die Phasen der Trauer gemeinsam verarbeiten

Die Hinterbliebenen haben einen schweren Weg vor sich. Sie haben versucht, z.B. einer Freundin mit Depressionen zu helfen. Sie erleben Gefühle des Versagens, der Verzweiflung und Hilflosigkeit, auch der Wut. Sie fühlen sich schuldig, auch wenn sie keine Mitschuld trifft. Warum haben sie die Hoffnungslosigkeit der Freundin nicht bemerkt? Warum den Freund im Stich gelassen, sich gar von ihm getrennt? War man dem Angehörigen denn nicht wichtig? Fragen türmen sich auf.

Manche Menschen geben anderen gegenüber nicht zu, dass ein enger Freund, eine Angehörige oder der Sohn sich das Leben genommen hat. Anderen hilft das Reden darüber. Sie bemühen sich um Verarbeitung des seelischen Schmerzes und des Verlustes. Am Ende einer langen Phase der Verarbeitung steht eine Neuorientierung und die Akzeptanz des Geschehenen. Die Zeit immenser psychischer Belastung wird nach und nach als beendet erlebt.

Man lernt, durch die Therapie mit den Realitäten weiterzuleben. Viele der dort erhaltenen Ratschläge waren hilfreich. Das Leben ist nun ein anderes. Glück und Zufriedenheit scheinen dennoch möglich zu sein. Was hilft, einen Suizid zu überleben? Selbstbetäubung mit Alkohol, Nikotin oder Drogen helfen jedenfalls nicht. Folgende Punkte sind wichtig:

  • Selbstfürsorge, um das eigene Überleben sicherzustellen
  • Stress- und Überforderungssymptome analysieren, medizinische Hilfe in Anspruch nehmen
  • eigene Grenzen erkennen und wichtig nehmen
  • gesunde Ernährung pflegen, soweit möglich
  • Bewegung in der Natur
  • Yoga oder Chi Gong zur Entspannung
  • auftauchende Gefühle wie Angst, Wut, Trauer akzeptieren
  • eigenen Bedürfnissen folgen, auch wenn sie auf andere seltsam wirken
  • nur lebenswichtige Entscheidungen treffen
  • mit Freunden über Ihre Situation sprechen
  • Hilfen und Unterstützung annehmen
  • sich sozial nicht isolieren
  • Anschluss an eine Trauergruppe suchen
  • Selbsthilfegruppe für Suizidbetroffene recherchieren
  • und eine Therapie beantragen.

Quellen: