Psychiatrie | Einführender Überblick für psychisch Erkrankte

Psychiatrie (© vitleo / stock.adobe.com)

Psychiatrie bezeichnet die Heilkunde der Psyche sowie Einrichtungen (Kliniken, Krankenhäuser), in denen diese Heilkunst ausgeübt wird. In Abgrenzung zur Psychologie werden in der Psychiatrie Menschen mit akuten und schweren geistigen oder seelischen Leiden therapiert.

Psychiatrie: Wortherkunft und Bedeutung

Das griechische Wort „Psyche“ beschreibt einen „Lufthauch“, „Atem“ oder allgemein etwas „sehr Feines“. Bei den alten Griechen war Psyche der Begriff für die Seele. Im Deutschen führte der Arzt Johann Christian Reil aus Halle im Jahr 1808 den Begriff „Psychiaterie“ für „Seelenheilkunde“ erstmals ein. Er definierte Psychiatrie als „therapeutische Funktionalisierung seelischer Wirkungen“. Psychiatrie ist also die Heilkunde von der Seele oder von der Psyche und bezeichnet gleichzeitig auch Einrichtungen, in denen die Versorgung der Erkrankten stattfindet:

  • psychiatrische Fachkrankenhäuser
  • psychiatrische Abteilungen in Krankenhäusern
  • psychiatrische Privatkliniken.

Der Unterschied zwischen Psychiatrie und Psychotherapie

Der Psychiater ist ein Mediziner, der zunächst Humanmedizin (organisch-körperliche Heilkunde) studiert hat. Schon während des Studiums oder danach spezialisieren sich diese Ärzte auf das Fachgebiet der Psychiatrie und absolvieren diverse Weiterbildungen. Da Psychiater einen medizinischen Hintergrund haben, dürfen sie Psychopharmaka und andere Medikamente verordnen sowie physische (Physis = Körper aus Fleisch und Blut, Organen usw.) Diagnosen und Untersuchungen vornehmen.

Psychologen studieren das Fach Psychologie, in dem körperliche Aspekte und Heilweisen nur einen winzig kleinen Anteil ausmachen. Auch Psychologen lernen in der Ausbildung die Wirkweise von Psychopharmaka, sowie psychosomatische Aspekte und andere Zusammenhänge zwischen der Psyche und dem Körper (Psychosomatik); sie sind aber streng genommen keine Ärzte und dürfen auch keine Medikamente verordnen.

Psychologische Fachärzte haben ebenfalls ein Medizinstudium absolviert und zusätzlich Psychologie studiert. Den praktischen Unterschied zwischen Psychologie und Psychiatrie sowie Psychosomatik erklärt hier der Persönlichkeits-Coach Marcus Jähn:

Neurologie und Psychiatrie

Der Neurologe behandelt körperliche Störungen des Nervensystems, während der Psychiater für seelische Erkrankungen zuständig ist. Die Bereiche

  • Neurologie,
  • Psychiatrie und
  • Psychotherapie

werden oft unter dem Sammelbegriff Nervenheilkunde zusammengefasst. Vermutlich liegen allen geistigen Krankheiten bestimmte Nervenleiden und Störungen zugrunde oder gehen mit ihnen einher. Häufig sind diese Mechanismen aber noch schlecht erforscht oder nicht immer dieselben, sodass eindeutige Zusammenhänge hergestellt werden können. In der Forschung bemüht man sich trotzdem, die körperlichen Aspekte seelischer Leiden sowie die damit verbundenen Gehirnaktivitäten näher zu untersuchen. Damit soll eine Behandlung von beiden Seiten möglich werden, der psychologischen sowie der körperlichen.

Die Erkenntnis, dass Körper und Seele eine Einheit bilden, ist insbesondere in der westlichen Schulmedizin noch recht neu. In der Psychosomatik (Soma = der organische Körper) wird beispielsweise die Auswirkungen und Beteiligung der Psyche am Entstehen bestimmter körperlicher und organischer Leiden untersucht. Unter Psychosomatik fällt auch das Phänomen, dass sich körperliche Symptome durch geistige Aspekte verschlimmern können oder dass körperlich eigentlich völlig gesunde Menschen Symptome einer organischen Krankheit entwickeln (oft bei Angst- und Panikstörungen)

Die Organisation der Psychiater, Psychologen und Neurologen

Ärzte sind mit der Zuteilung der Approbation Pflichtmitglieder in der entsprechenden Landesärztekammer. Diese wiederum unterstehen der Bundesärztekammer, welche der Aufsicht der Bundesregierung unterliegt. Die Organisationen sorgen dafür, dass medizinische, moralische und ethische Leitsätze sowie Gesetze eingehalten werden.

Psychologe ist ein freier Beruf, der ebenfalls vom Gesetzgeber geregelt wird (u.a. Verschwiegenheitspflicht). Dieser Fachkräfte sind im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen organisiert.

Die DGPPN Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft, die Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychologen, Neurologen und Wissenschaftler vereint.

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Psychiatrie nötig? (© vitleo / stock.adobe.com)

Behandlung von psychischen Erkrankungen mithilfe von Arzneimitteln

Die Pharmakotherapie ist die medikamentöse Behandlung seelischer Leiden und Teil der konservativen Therapie. Zu den Arzneien der Pharmakotherapie zählen:

  • Antidepressiva
  • Stimmungsstabilisierer (Phasenprophylaktika)
  • Antipsychotika (Neuroleptika)
  • Angstlöser (Anxiolytika, Hypnotika)
  • Antidementiva (Gedächtnisfunktionen)
  • Psychostimulanzien (anregende Wirkung)
  • sonstige Psychopharmaka.

Da diese Arzneien oft erhebliche Nebenwirkungen haben und in den Organismus der Patienten eingreifen, dürfen sie wie bereits erwähnt nur von Psychiatern oder psychologischen Fachärzten verordnet werden. Während der Einnahme bleiben die Patienten unter der Betreuung und regelmäßigen Kontrolle der Ärzte.

Psychoanalyse und Verhaltenstherapie als Elemente der Psychiatrie

Die Psychoanalyse ist eine psychotherapeutische Methode zur Behandlung von seelischen Problemen und Störungen. Entwickelt wurde diese Methode vom Pionier der modernen Psychologie, Sigmund Freud. In der Psychoanalyse geht es darum, die Persönlichkeit eines Patienten zu ergründen und Ursachen für Störungen aufzuheben.

Bei der analytischen Psychotherapie erlangen Patient und Therapeut ein besseres Verständnis der Lebensgeschichte, den Verlauf der Kindheit und erlernte unbewussten Erlebens- und Verhaltensmuster. Bestenfalls verschwinden durch diese Betrachtung schädigende Denkmuster und Verhaltensweisen.

Die Verhaltenstherapie ist mehr gegenwartsorientiert. Diese Disziplin geht davon aus, dass störende Verhaltens- und Denkweisen erlernt wurden. Während der Sitzungen versuchen Therapeut und Patient gemeinsam, neue Reaktionsmuster und Denkansätze zu etablieren. Die Erfolge stellen sich oft schneller ein, als bei einer klassischen Psychoanalyse, die sich über Monate und Jahre hinwegziehen kann. Beide Therapieformen werden von Psychologen und Psychiatern gleichermaßen angeboten.

Die psychiatrische Versorgung

Wer schwere geistig-seelische Leiden hat (vgl. schwere Depressionen), selbstmordgefährdet ist oder in sonstiger Weise für sich selbst oder andere eine Gefahr darstellt, wird in der Regel intensiv stationär behandelt. Psychiater sind in Krisenfällen oft die ersten Ansprechpartner und nur sie können Beruhigungsmittel, Antidepressiva oder sonstige Psychopharmaka verschreiben. In Fällen großer seelischer Not kann die Medikation oft die beste und einzig wirksame Sofortmaßnahme sein.

Psychologen sind in weniger schweren Fällen gute Ansprechpartner. Ihre Bemühungen sind langfristiger angelegt, aber für die Krisenintervention und die Behandlung von schweren Verhaltensstörungen nicht geeignet.

Patienten mit psychischen Problemen gehen in der Regel zunächst zum Hausarzt und werden dann an einen passenden Facharzt oder Therapeuten aus der Psychiatrie bzw. Psychologie überwiesen. In akuten Notfällen können Betroffene auch selbst eine Klinik aufsuchen und sich einweisen lassen. Manchmal übernehmen das auch Angehörige oder Behörden. Wann Menschen in die Psychiatrie eingeliefert werden oder selbst den Weg in die Hilfe suchen sollten, erläutert diese Dokumentation:

Was passiert in einer Psychiatrie?

In der Psychiatrie werden Patienten medikamentös und/oder psychotherapeutisch betreut. Die Behandlung ist intensiv und oft auch stationär. Seelisch extrem aus dem Lot geratene Menschen werden in der geschlossenen Abteilung behandelt, was in etwa der Betreuung körperlicher Leiden auf einer Intensivstation entspricht. Neben Gesprächen mit Psychologen und Psychiatern werden körperliche Untersuchungen vorgenommen und ergänzende Therapien angeboten. Das ist beispielsweise bei Drogenabhängigkeiten (auch Alkohol, Medikamente usw.) in Verbindung mit psychischen Problemen angezeigt. Sobald der geistige Zustand stabil ist, werden Patienten aus der geschlossenen Abteilung entlassen und in psychotherapeutischen Praxen oder Tageskliniken weiter betreut. Wer sehen möchte, wie die Räumlichkeiten und der Alltag auf einer geschlossenen psychiatrischen Station aussehen, findet sicher diese Dokumentation interessant:

Tagesklinik: Psychiatrische Betreuung in der Institutsambulanz

Institutsambulanzen sind Einrichtungen in psychiatrischen Fachkrankenhäusern oder psychiatrische Abteilungen von Allgemeinkrankenhäusern mit ambulanten Behandlungsangeboten. In der Psychiatrischen Institutsambulanz (PIA) werden Menschen, die an einer schweren und chronischen psychiatrischen Erkrankung leiden, von Ärzten und Therapeuten verschiedener Disziplinen behandelt. Die Institutsambulanzen bieten Behandlung nach einem stationären oder teilstationären Aufenthalt, als Notversorgung oder nach Überweisung durch einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Das Behandlungsangebot umfasst:

  • Notfallbehandlung
  • psychiatrisch-medizinische und psychotherapeutische Diagnostik
  • psychopharmakologische Behandlung (Medikamente)
  • psychotherapeutische Einzel- und Gruppensitzungen
  • weitere unterstützende Therapien (z.B. Ergotherapie, Sprachtherapie usw.)
  • Hilfe durch Sozialpädagogen
  • alternative Therapien wie Akupunktur oder Hypnose

Kinder- und Jugendpsychiatrie

In der Kinder- und Jugendpsychiatrie geht es um psychische, psychosomatische und neurologische Störungen, die in der Kindheit oder im Jugendlichenalter auftreten. Dazu zählen auch entwicklungsbedingte und soziale Auffälligkeiten. Viele Zweige der modernen Psychologie gehen davon aus, dass Menschen die Anlagen für psychisch-seelische Probleme, innere Konflikte oder Verhaltensstörungen bereits in der Kindheit erwerben oder erlernen. Oft können in jungen Jahren Störungen noch besser abgefangen und therapiert werden, als im Erwachsenenalter. Deswegen sollten sich Eltern und Kinder oder Jugendliche nie scheuen, Hilfe zu suchen, wenn es zu Auffälligkeiten oder Leiden im psychologischen Bereich kommt.

Die Kinder- und Jugendpsychiatrie kümmert sich um Diagnose, Behandlung und Vorbeugung bei diesen Störungen und Krankheitsbildern:

  • Probleme nach akuten Belastungen oder traumatischen Erlebnissen
  • emotionale Störungen
  • Störungen des Sozialverhaltens
  • Konflikte in der Familie
  • Bewegungsstörungen, Sprachstörungen, Stottern
  • Entwicklungsstörungen wie motorische Störungen, Lese- und Rechtschreibstörungen, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsprobleme
  • schulische Leistungsstörungen
  • tiefgreifende Entwicklungsstörungen wie Autismus, Asperger-Syndrom, Psychosen.
  • hyperkinetische Störungen wie ADHS und ADS.
  • Ticstörungen (motorisch sowie vokale)
  • Essstörungen.

Wie läuft die Behandlung in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie ab?

Behandlungen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie finden je nach Schwere eines Falles genauso wie bei den Erwachsenen stationär oder ambulant statt. Wichtige Bestandteile der Therapie sind Psychotherapie, ergänzende Therapieformen wie Logopädie, Kreativ- und Musiktherapie, Sporttherapie, Körper- und Ergotherapie oder Psychomotorik, aktive Verhaltensneuausrichtungen und ggf. auch eine Behandlung mit Medikamenten. Bei Kindern und Jugendlichen wird häufiger das nächste familiäre Umfeld mit einbezogen. Neben Einzelgesprächen werden Gruppen- und Familiengespräche geführt. Für die Behandlung ist eine vorherige Überweisung vom Hausarzt notwendig.

Schizophrenie wird in der Regel in der Psychiatrie behandelt

Bei der Schizophrenie (bzw. schizophrenen Psychose) sind das Denken und die Gefühlswelt der Betroffenen stark gestört und in den psychotischen Phasen kommt es zu Symptomen wie Halluzinationen, Realitätsverlust und Wahnvorstellungen. Weiter Symptome der Schizophrenie sind:

  • Beeinträchtigung von Sprache und Denken
  • sonderbare und unangemessene Verhaltensweisen
  • Stimmen hören, die Befehle erteilen, urteilen usw.
  • Bewegungsauffälligkeiten.

Ob eine Schizophrenie vorliegt, kann nur ein Psychiater oder ein Psychologe klären. Die Symptome können vor allem im Anfangsstadium denen einer Depression ähneln, weswegen Menschen mit entsprechenden Symptomen bald Hilfe suchen sollten. Schizophrenie wird ebenfalls umgangssprachlich oft mit der Persönlichkeitsspaltung gleichgesetzt, was jedoch grundlegend falsch ist. Schizophrene haben Phasen, in denen die Wahrnehmung und ihr Verhalten stark verändert sind, sie haben aber keine andersartige Persönlichkeit oder wechseln die Persönlichkeit.

Müssen Zwangsstörungen in der Psychiatrie behandelt werden?

Zwangsstörungen sind in leichten Formen häufiger anzutreffen:

  • Wasch- und Reinigungszwänge („Hygienetick“)
  • Ordnungszwänge
  • Kontrollzwänge
  • Wiederhol- und Zählzwänge
  • Sammelzwang
  • Zwangsgedanken mit und ohne Zwangshandlungen

Wann und ob eine solche Störung psychologisch oder psychiatrisch behandelt werden muss, hängt von der Schwere und den Nachteilen ab, die der Patient durch die Störungen erfährt. Wasch- und Reinigungszwänge können in die totale soziale Isolation oder zu Arbeitsunfähigkeit führen. Dasselbe gilt für Kontroll-, Wiederhol- oder Zählzwänge.

Aus dem Sammelzwang entwickelt sich schlimmstenfalls ein „Messie“-Verhalten und das Verwahrlosungssyndrom. Bei Zwangsgedanken tauchen sehr negative Gedanken oder innere Bilder immer wieder auf. Diese können Gewaltaufforderungen gegen andere oder sich selbst beinhalten („Schlag sie/ihn!“, „Ich könnte mich selbst jetzt mit diesem Messer verletzen“, „Ich könnte das Tier misshandeln“).

Diese Gedanken führen bei Betroffenen zu Ängsten, Schuld, Scham und Vermeidungsverhalten. Tatsächlich ist bisher aber kein einziger Fall polizeilich oder medizinisch bekannt geworden, in dem eine Zwangsgestörter diese Gedanken in die Tat umgesetzt hat. Straftäter, die von Stimmen angeleitet werden, leiden meistens unter Schizophrenie oder schweren Persönlichkeitsstörungen, nicht aber unter einer Zwangsstörung. Trotzdem sollten sich Betroffene von Zwängen aller Art Hilfe suchen, sobald die Störungen das Wohlgefühl, den Alltag und das Sozialleben nachhaltig beeinträchtigen. In leichten Fällen ist die Versorgung durch einen niedergelassenen Psychologen ausreichend.

Psychiatrische Krisenintervention

Die Krisenintervention ist ein präventives Hilfsangebot. In belastenden Situationen sollen durch ein schnelles Eingreifen schlimmere Folgen einer psychologischen Krise verhindert werden. Eine psychische Krise wird als ein zeitlich begrenzter Zustand definiert, der durch aktuelle Erlebnisse, Rückfälle oder Episoden einer psychischen Krankheit (z.B. Depression) ausgelöst wird. Psychologische Krisen oder Ausnahmezustände halten einige wenige Tage oder Wochen an. Im Krisenfall kommen vor allem Psychotherapie (ambulant oder stationär, Einzel- oder Gruppentherapie) und Medikamentengaben zum Einsatz.

Eine psychiatrische Notfallambulanz finden

In der Notfall-Aufnahme einer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie werden entlastende Gespräche und bei Bedarf eine pharmakologische Therapie angeboten. Reine Beratungen (auch anonym) werden zusätzlich zum direkten Kontakt, auch telefonisch und zum Teil sogar in schriftlicher Form über Briefe, E-Mail oder Chats angeboten. Hilfen finden Betroffene unter anderem bei diesen Leiden

  • massiven Gefühlen von Angst, Unruhe oder Panik
  • zugespitzten und ausweglos erscheinenden Auseinandersetzungen in der Familie
  • bedrückender Isolation und Einsamkeit
  • Krisenintervention bei Trennung, Trauer und Verlust
  • Selbstlösungsgedanken
  • Krisen, die mit Gewalt und Aggression einhergehen
  • bei bestehenden Verhaltensstörungen
  • bei anfallsartigen seelischen Leiden (Angstattacken, depressive Schübe, Wahrnehmungsveränderungen).

Krisendienste bieten die Hilfe üblicherweise für ein bestimmtes Einzugsgebiet an. In allen größeren Städten wie Berlin, München, Hamburg, Leipzig, Düsseldorf, Heidelberg, Stuttgart und vielen weiteren befinden sich psychiatrische Notfallambulanzen. Wer herausfinden möchte, wo sich eine Anlaufstelle in der Nähe befindet, bekommt Auskünfte über das Internet, die Notrufnummer 112 oder die Rufnummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116 117. Eine weitere Anlaufstelle sind die psychologischen Krisentelefone und Beratungsangebote der Diakonie, die ebenfalls in allen größeren Städten zu finden sind.

Wer auf dem Land wohnt und sich in einer Ausnahmesituation befindet, sollte über die 112 den ärztlichen Notruf verständigen und bereits am Telefon auf die psychische Situation hinweisen. Die Ärzte des Rettungsdienstes kümmern sich um eine passende Betreuung bzw. die Abholung eines Patienten zu Hause und die Fahrt in eine psychiatrische Einrichtung. Landeskrankenhäuser, Institutsambulanzen und Anlaufstellen bei der Diakonie bieten für Ausländer häufig auch muttersprachliche Beratungen und Therapieangebote an.

Zwangseinweisung in die geschlossene Psychiatrie

Zwangseinweisungen in die Psychiatrie werden in Ausnahmesituationen vorgenommen. Entweder ist es ein Familienmitglied, dass einen geistig-seelisch schwer gestörten Menschen zwangseinweisen lässt, ein behandelnder Arzt, die Polizei oder eine andere Behörde, die das Recht dazu besitzt. Rein rechtlich ist die Zwangseinweisung in die Psychiatrie ein schwieriges Thema. Es müssen akute Gefährdungen für die betroffene Person selbst sowie für das Umfeld vorliegen oder es ist eine Straftat begangen worden, bei der sofort der Verdacht auf eine psychologische Störung aufkam. Die Person muss über einen richterlichen Beschluss entmündigt werden. Die Vormundschaft übernimmt für die Zeit der Zwangseinweisung ein Familienmitglied oder das Ordnungsamt beziehungsweise der Staat. Sind geistig erkrankte Menschen gewaltbereit oder widerspenstig, findet die Einweisung auch unter Gewalt und dem Einsatz von Zwangsjacken und Beruhigungsmitteln statt. 2019 waren 130.000 von insgesamt 800.000 stationär-psychiatrischen Behandlungen Zwangseinweisungen.

Die forensische Psychiatrie

Als Teilgebiet der Psychiatrie befasst sich die Forensik ausschließlich mit der Begutachtung und der Behandlung von psychisch kranken Straftätern. In bestimmten Fällen können geistig-seelische Leiden zu Straftaten führen und der Auslöser für schädigende Verhalten Dritten gegenüber sein. Im Straffall müssen forensische Psychiater klären, wie weit die persönliche Zurechnungsfähigkeit eines Täters durch die psychische Erkrankung eingeschränkt war. Das kann strafmildernde Umstände bewirken.

Viele Straftäter möchten sich mit dem Bestehen von psychischen Problemen aber auch nur herausreden oder Verteidigungsstrategien von Rechtsanwälten versuchen durch die geschickte Vortäuschung psychischer Leiden Strafmilderungen oder Freisprüche zu erreichen. Für die Straftäter bedeutet das Vorliegen einer schweren psychologischen Störung als Ursache der Tat jedoch nicht die Freiheit. Sie werden in geschlossene Psychiatrien eingewiesen, bis die Störung beseitigt wurde.