Wie ist die psychotische Depression definiert?
Ärzte diagnostizieren eine psychotische Depression, wenn zu den Symptomen einer depressiven Episode zusätzlich Wahnideen auftreten. Diese äußern sich zum Beispiel in einem Verarmungs- oder Verschuldungswahn oder zeigen sich als Versündigungs- oder Verkleinerungswahn. Dabei sind die Symptome oft schwerwiegender und die Dauer der Erkrankung ist länger als bei einer Depression ohne psychotische Anzeichen. Auch bestehen ein höheres Rückfallrisiko und die Gefahr der Wiedererkrankung auch nach vollständiger Genesung.
Der österreichische Psychologe Werner Stangl bezeichnet die psychotische Depression in seinem Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik auch als wahnhafte Depression. Er beschreibt sie weiter als eine Steigerung der schweren Depression mit Wahngedanken und Halluzinationen, die die Betroffenen als Realität ansehen. Ein weiteres Wesensmerkmal dieser psychischen Erkrankung ist für Stangl, dass sich die Betroffenen von der Unbegründetheit ihrer Ängste und Befürchtungen nicht überzeugen lassen.
Einordnung der psychotischen Depression im internationalen Klassifikationssystem für Krankheiten, dem ICD
Im ICD, dem internationalen Klassifikationssystem für Krankheiten, werden Depressionen im Kapitel fünf über psychische und Verhaltensstörungen den affektiven Störungen zugeordnet.
Affektive Störungen haben als Hauptsymptom eine Veränderung der Stimmung oder der Affektivität. Depression mit oder ohne Angst oder sonstiger Begleitsymptome, die manische Episode mit Manie und Hypomanie und bipolare affektive Störungen, auch manisch –depressive Störungen, sind hier einzuordnen.
Bei der Krankheitsbezeichnung „depressive Episode“ finden sich leichte, mittelgradige und schwere depressive Episoden; letztere ist gegliedert in „ohne und mit psychotischen Symptomen“.
Zu den Merkmalen einer Depression gehören geringe Antriebskraft, mangelnde Aktivitäten sowie ein ausgesprochenes Stimmungstief. Betroffene scheinen die Fähigkeit, sich zu freuen, verloren zu haben. Dabei spielt es keine Rolle, welche Ereignisse in ihrer Umgebung stattfinden. Ihr Selbstwertgefühl und ihr Selbstvertrauen sind beeinträchtigt; Schuldgefühle und die eigenen Wertlosigkeit nehmen einen großen Platz ein in ihrer Gedankenwelt. Dazu kommen mehr oder weniger ausgeprägte somatische Beschwerden. Gestörter Schlaf mit Früherwachen und einem deutlichen Morgentief, auf kleinste Anstrengungen folgen Erschöpfungszustände, Appetit-, Gewichts- und Libidoverlust (Libido anregen), all diese körperlichen Beeinträchtigungen können eine depressive Episode begleiten. Nicht selten kommen motorische Beeinträchtigungen dazu.
Wie eine depressive Episode eingeordnet wird, hängt von der Anzahl und dem Schweregrad der Symptome ab.
- Bei der leichten Depression sind zwei oder drei der oben genannten Symptome vorhanden. Eventuell ist die Stimmung leicht getrübt und die Antriebskraft vermindert. Betroffene sind in der Lage, ihren Alltag zu bewältigen und alle nötigen Aktivitäten auszuführen.
- Bei der mittelgradigen Depression sind vier oder mehr Symptome vorhanden; dem so Erkrankten fällt die Bewältigung des Alltags schwer.
- Die schwere depressive Episode zeigt sich in vielen Symptomen, die von den Betroffenen als äußerst quälend empfunden werden. Vorrangig sind es Schuldgefühle, Gefühle von Wertlosigkeit und Suizidgedanken und -handlungen, die den Patienten zu schaffen machen. Hinzu kommen einige der aufgeführten somatischen Symptome. Aktivitäten zur Bewältigung des Alltags sind kaum noch möglich. Siehe auch: Schwere Depression Symptome.
- Die schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen beschreibt der ICD mit den Symptomen der schweren Depression und fügt die Symptome von Halluzinationen und Wahnideen, von psychomotorischer Hemmung bis hin zum Stupor hinzu. Die schwere Ausprägung der Symptome (vgl. Arten der Depression) macht ein normales Alltagsleben unmöglich; durch Suizidhandlungen und mangelnde Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme besteht für den Erkrankten Lebensgefahr.
Die depressive Episode – Ursachen und Heilungsmöglichkeiten
Jeder Dritte kann im Laufe seines Lebens an einer Depression erkranken, wobei Frauen doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Die Ursachen sind in einer multifaktoriellen Entstehungsgeschichte zu finden. Häufig führen extreme psychische Belastungen zur Ausbildung dieser Störung. Vgl. auch: Major Depression, reaktive Depression.
Andere Ursachen liegen in einer genetischen Veranlagung oder können durch bestimmte Persönlichkeitszüge bedingt sein. Dauerstress, traumatische Erfahrungen, persönliche Verlusterlebnisse und biologische und soziale Veränderungen können ebenfalls eine Depression hervorrufen.
Auch körperliche Beeinträchtigungen können Ursache dafür sein, dass jemand an einer Depression erkrankt. Hier gelten Schlafstörungen, chronische und unheilbare Krankheiten, Diabetes und Demenzerkrankungen als Auslöser. Auch Herzinfarkt oder Schlaganfall können Depressionen hervorrufen. Das Risiko, an einer Depression zu erkranken, ist bei den bereits Erkrankten doppelt so hoch wie bei gesunden Menschen.
Die Heilungschancen werden bei den heutigen medizinischen und therapeutischen Mitteln als sehr gut eingeschätzt. Leichte Depressionen können mit therapeutischen Verfahren zum Verschwinden gebracht werden; bei den mittelgradigen und schweren depressiven Episoden kommen Medikamente in Kombination mit einer Psychotherapie zum Einsatz, was ebenfalls einen guten Heilungserfolg verspricht.
https://www.oberbergkliniken.de/krankheitsbilder/depression
Die sogenannten Psychosen sind im ICD unter dem Kapitel „Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen“ aufgeführt. Dazu gehören:
- die anhaltende wahnhafte Störung,
- die akute vorübergehende psychotische Störung,
- die induzierte wahnhafte Störung und
- sonstige nichtorganische psychotische Störungen sowie die nicht näher bezeichnete nichtorganische wahnhafte Störung.
https://www.dimdi.de/static/de/klassifikationen/icd/icd-10-gm/kode-suche/htmlgm2022/block-f20-f29.htm
Somit ist die Psychose eher ein Sammelbegriff für eine Reihe verschiedener psychischer Erkrankungen, in denen Halluzinationen, Wahnvorstellungen und Denkstörungen vorrangig auftauchen.
Weitere Symptome sind irrationale Gedanken, Misstrauen und Feindseligkeit anderen gegenüber, Ich-Störungen und emotionale Veränderungen.
Auch die Motorik kann sich verändern. Die Erkrankten können unter Ruhelosigkeit leiden und einen starken Bewegungsdrang haben oder aber auch in ihren Bewegungen erstarren und in diesem Zustand verharren. Teilweise wird die gesamte Symptomatik von starken Ängsten begleitet.
Anhand ihrer Ursachen sowie den vorliegenden Symptomen und deren Schwere und Dauer lassen sich Psychosen in primäre und sekundäre Psychosen einteilen.
- Zu den primären Psychosen gehören die Schizophrenie und andere psychotische Störungen mit jeweils unterschiedlichen Krankheitsbildern. Hier liegen keine feststellbaren Ursachen vor.
- Bei den sekundären Psychosen sind die Ursachen feststellbar: Es liegt eine nachweisbare Beeinträchtigung des Gehirns vor. Als Ursache gilt eine organische Erkrankung; auch die Einnahme von Medikamenten mit bestimmten Nebenwirkungen sowie der Konsum von Psychostimulanzien wie Alkohol oder Drogen können eine sekundäre psychotische Störung hervorrufen.
Die Kernsymptome einer Psychose lassen sich auch in folgende drei Kategorien einteilen:
- positive Kernsymptome wie Wahn, Sinnestäuschungen und Ich-Störungen
- Negativsymptome wie verminderter Antrieb, Gefühlsarmut
- kognitive Auffälligkeiten wie z.B. Denkstörungen
Psychosen haben ihren Anfang in der Zeit zwischen Pubertät und dem 35. Lebensjahr. Im Unterschied zur Depression sind Männer und Frauen gleichermaßen betroffen. Etwa drei bis vier Prozent der Bevölkerung können weltweit im Laufe ihres Lebens an dieser Störung erkranken.
Die Therapie kann ambulant, teilstationär oder stationär stattfinden. Akute Psychosezustände machen jedoch einen Klinikaufenthalt unumgänglich. Die Behandlung erfolgt mit antipsychotischen Medikamenten und therapeutischen Verfahren, wobei sich kognitive Trainingsprogramme als erfolgversprechend erwiesen haben. Wichtig ist auch, dem Patienten ausreichend Wissen über die Krankheit, ihre Symptome und die Frühwarnzeichen zu vermitteln.
- https://www.oberbergkliniken.de/krankheitsbilder/psychose
- https://www.netdoktor.de/krankheiten/psychose/#:~:text=Psychose%20ist%20ein%20%C3%9Cberbegriff%20f%C3%BCr,Psychose%20sind%20Wahnvorstellungen%20und%20Halluzinationen.
- https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/stoerungen-erkrankungen/psychosen
Mögliche Ursachen und Erscheinungsbild einer „Depression mit Wahn“
Die schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen umfasst die Kriterien der schweren Depression mit gedrückter Stimmung und mangelndem Selbstwertgefühl. Im Verlauf der Depression kann ein Mensch den Kontakt zur Realität verlieren. Es fällt ihm immer schwerer, zwischen Wirklichkeit und eigener Wahrnehmung zu unterscheiden (vgl. auch: ICD 10 F48). Der Wahn gilt als das Kernsymptom dieser Erkrankung.
Die Wahnideen können sich auf drohende Verarmung, auf Schuld oder Krankheit beziehen. Die seltener als der Wahn auftretenden Halluzinationen sind häufig akustischer Natur. Sie flüstern dem Erkrankten seine Wertlosigkeit und die Sinnlosigkeit seines Lebens ein.
Außerdem verändern sich sein Fühlen, Denken und Handeln. Im Kontakt mit anderen Menschen kommt es zu ebenfalls zu Veränderungen. Der Erkrankte kann sich passiv verhalten, bewegt sich kaum und spricht auch wenig. Sein Antrieb ist vermindert, auf äußere Reize folgt nur noch eine verminderte Reaktion. Vgl. auch: Larvierte Depression Erfahrungsberichte.
Ursachen für das Herausbilden einer psychotischen Symptomatik können eine familiäre Vorbelastung, traumatische Erlebnisse, Entwicklungsstörungen in der Kindheit oder Verletzungen und Infektionen im Gehirn sein. Auch der Drogenkonsum kann psychotische Anzeichen hervorrufen.
Wenn sich diese Anzeichen in einer der depressiven Phasen bemerkbar machen, ist der Arztbesuch für den Betroffenen unumgänglich. Erfahrungen haben gezeigt, dass sich hier schnelles Handeln für den Heilungserfolg auszahlt. Immerhin besteht bei den Betroffenen eine akute Suizidgefahr. Auch wenn Angehörige psychotische Anzeichen bemerken, sollten sie den Erkrankten so schnell wie möglich in ärztliche Behandlung bringen.
Behandlung einer psychotischen Depression
Für die Behandlung ist in den meisten Fällen ein Klinikaufenthalt notwendig. Die Therapie erfolgt durch die Gabe von Antidepressiva und einem Antipsychotikum. So kann zum Beispiel die psychotische Symptomatik zur Verringerung des Leidensdrucks zuerst behandelt werden, bis die beschwerlichsten Symptome abklingen. Danach können die Antidepressiva zum Einsatz kommen und auf die depressiven Merkmale einwirken.
In besonderen Fällen kann eine Elektrokonvulsionstherapie angewendet werden. Seit mehr als 80 Jahren gibt es die Elektrokonvulsionstherapie. In den letzten Jahren wird sie in Deutschland wieder vermehrt angewendet. Sie findet ihren Einsatz bei der Behandlung von affektiven Störungen und Schizophrenien. Für die Therapie von schweren und therapieresistenten psychiatrischen Störungen scheint sie beinahe unverzichtbar zu sein. Außerdem wird sie dann eingesetzt, wenn Patienten wegen anderer Erkrankungen nicht mehr mit der nötigen Dosis an Medikamenten behandelt werden können.
Bei der unter Narkose durchgeführten Therapie erhält der Patient eine kurze elektrische Stimulation im Kopfbereich, die eine Übererregung des Gehirns bewirkt. Diese Stimulation hat positiven Einfluss auf die Konzentration von Hormonen und Botenstoffen im Gehirn und regt die regenerativen Prozesse im Zentralnervensystem an.
Patienten können acht bis zwölf Behandlungen erhalten, der Abstand zwischen den Behandlungen beträgt zwei bis drei Tage. Das Verfahren gilt heute als sicher und kann auch bei der schweren Depression mit einer zusätzlichen Symptomatik von Wahn und Halluzinationen angewendet werden.
In manchen Fällen kann zusätzlich ein Therapiehund bei Depression ergänzend eingesetzt werden.
Psychotische Depression Erfahrungen // Videos zum Thema auf YouTube
Das Video „Was ist eine psychotische Depression?“ stellt die Merkmale dieser Erkrankung an Beispielen dar, geht auf mögliche Ursachen ein und stellt Verbindung zu anderen psychischen Erkrankungen her. Auch mögliche Behandlungswege werden ausführlich vorgestellt.
Der Heilpraktiker für Psychotherapie Georg Schwarzenberg führt in seinem Video eine Beispielaufgabe aus der Psychotherapieausbildung vor, die der Prüfling als Test in einem Multiple-Choice-Verfahren beantworten soll. Es geht darum, die im Fallfragment vorgestellten Symptome der richtigen Diagnose zuzuordnen. Dabei geht Heilpraktiker Schwarzenberg auch kurz auf die anderen Antwortmöglichkeiten ein und beschreibt die angeführten Erkrankungen. Der Patient in dem Beispiel zeigt die Symptomatik einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen; somit ist das Erscheinungsbild dieser Erkrankung anschaulich dargestellt.