Depressionen zählen zu den am häufigsten vorkommenden psychischen Erkrankungen. Bei der medizinischen Analyse wird dabei regelmäßig ein Mangel an Serotonin und/oder Noradrenalin im Gehirn als Ursache hervorgehoben. Bei älteren Menschen spielen oft auch nicht verkraftete Verlust-Erlebnisse, soziale Isolation und nachlassende Leistungsfähigkeit als Ursache für das Auftreten von Depressionen eine Rolle. Außerdem können andere seelische Erkrankungen und degenerative hirnorganische Prozesse zur Entstehung von depressiven Verstimmungen führen. Eines der Medikamente, die von Psychiatern häufig dagegen verordnet werden, ist Mirtazapin.
Was ist Mirtazapin?
Mirtazapin ist ein Antidepressivum der neueren Generation, das zu den noradrenergenen und serotonergenen Antidepressiva gehört. Man bezeichnet es wegen seines Wirkmechanismus auch als duales oder tetrazyklisches Antidepressivum (vgl. Tetrazyklika).
Eingetragene Handelsnamen sind beispielsweise Remeron, Remergil, Mirtabene, Mirta Lich und Mirtel sowie Mirtazapin Hexal und Mirtazapin Ratiopharm.
Die vielkonsumierte Ratiopharm Variante des Medikaments ist preisgünstiger und wird daher von Psychiatern häufiger verschrieben. Das hoch wirksame Arzneimittel bewies in verschiedenen internationalen klinischen Studien eine gute Verträglichkeit – ein Grund, weshalb es zu den am häufigsten verordneten Antidepressiva gehört.
Das Antidepressivum ist in Tablettenform in den Dosierungen 15mg, 30mg und 45 mg erhältlich und dient zur Behandlung leichter und mittelschwerer depressiver Verstimmungen. Am häufigsten wird es als Remeron und Remergil verschrieben.
Die Patienten nehmen das Medikament in der Regel jahrelang, mitunter sogar lebenslang ein. Bei leichteren Formen der Depression wird es den Betroffenen mindestens 6 Monate lang verordnet. Tritt eine Besserung des Zustands ein, wird die Mirtazapin Dosierung dann einfach verringert.
Wie wirkt Mirtazapin?
Der Wirkmechanismus kann vereinfacht folgendermaßen beschrieben werden: Der Wirkstoff verändert im Gehirn die Informationsübermittlung zwischen den Neurotransmittern Serotonin und Noradrenalin, indem es an Alpha-2 Rezeptoren andockt und sie dadurch blockiert. Aus diesem Grund wirkt es antagonistisch zu den Substanzen, die dort üblicherweise ansetzen und fördert so die Ausschüttung von Dopamin und Noradrenalin in verschiedenen Gehirnarealen. Außerdem kommt es noch zusätzlich zu einer nicht ganz so starken Freisetzung von Serotonin.
Verglichen mit den selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) hat Mirtazapin eine geringere Wirkung auf den Serotonin-Haushalt. SSRI beeinflussen ausschließlich die Ausschüttung von Serotonin und haben daher weniger Nebenwirkungen als Mirtazapin.
Nach der oralen Einnahme in Form von Schmelz oder Filmtabletten wird der Wirkstoff vom Körper umgehend resorbiert. Teile des Wirkstoffs werden schon vor ihrem Übertritt in den Blutkreislauf in Leber und Darm umgewandelt. Seine maximale Wirkung erreicht der Wirkstoff etwa 2 Stunden nach seiner oralen Einnahme.
In Deutschland ist das Medikament vor allem zum Einsatz bei Depressionen zugelassen. Außerhalb dieses Einsatzbereiches behandelt man damit noch Patienten mit generalisierter Angststörung (vgl. Mirtazapin Angststörung), Panik-Attacken und sozialer Phobie. Es ist ebenfalls sehr effizient bei Schlafstörungen und posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS).
Im Gegensatz zur stark beruhigenden Wirkung, die schon am Anfang der Behandlung festzustellen ist, tritt die stimmungsaufhellende Wirkung des Medikaments frühestens nach 2 Wochen ein. Die vorhandene Traurigkeit und eventuelle Selbstmordgedanken verschwinden. Außerdem hat das Psychopharmakum einen negative Gefühle dämpfenden Effekt.
Mirtazapin kann gegen innere Unruhe helfen. Es bekämpft innere Unruhe, indem es den H1-Rezeptor blockiert, der die Agitiertheit (vgl. agitiertes Verhalten und innere Ruhe finden) hervorruft. Sie ist neben Schlafstörungen eines der am häufigsten vorkommenden Symptome einer depressiven Verstimmung.
Der das zentrale Nervensystem dämpfende Effekt von Mirtazapin ähnelt dem von Schlaftabletten. Der Patient wird innerlich ruhiger, seine Gedanken kreisen nicht mehr dauernd um Probleme, sodass er besser ein- und durchschlafen kann. Laut Statistik nehmen etwa 27 Prozent der Patienten Mirtazapin zum Einschlafen. Hauptanwendungsgebiet sind laut Angaben der Hersteller nämlich Depressionen mit nächtlicher Ruhelosigkeit. Da sich die Präparate gut zum Einschlafen eignen, nehmen es die Betroffenen meist vor dem Schlafengehen.
Im Rahmen der Behandlung von Depressionen wird Mirtazapin außerdem auch gegen Angst, soziale Ängste und bei generalisierter Angststörung angewandt, die mit der Depression verbunden sind. So nutzten etwa 19% der Patienten das Mittel gegen Angststörungen.
Bei starker PTBS / posttraumatischer Belastung konnte unter der Einnahme von des Psychopharmakons sogar eine bessere Wirkung erzielt werden als mit den selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI).
3% der Anwender nutzen das Mirtazapin explizit bei einem Burnout Syndrom, das Depressionen begleitend vorkommt, da es gegen Unruhe und innere Anspannung wirkt. Dank seines Blutdruck senkenden Effekts reduziert das Mittel auch Herzklopfen. Positiver Nebeneffekt des Präparats ist, dass es wegen seiner antagonistischen Wirkung an den H1 und 5-HT3 Rezeptoren noch zusätzlich Brechreiz unterbindet und auch gegen Juckreiz (Pruritus) und zur Appetitsteigerung hilft.
Obwohl Mirtazapin bei jahrelanger Anwendung nicht abhängig macht, sollte es ausschleichend abgesetzt werden, da es sonst zu Absetzerscheinungen kommen kann. Die Intensität dieser Mirtazapin Absetzerscheinungen hängt vor allem von der Dosierung und der Dauer der Einnahme ab. Wird das Antidepressivum nicht ausschleichend abgesetzt, können bei der Mirtazapin Entwöhnung konkret Entzugserscheinungen wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Schlafstörungen, Angstzustände und Unruhe auftreten.
Wie das Antidepressivum wirkt, kann der interessierte Leser auch in folgendem Video (englisch) erfahren:
YOUTUBE: Recht authentischer Bericht über Erfahrungen einer Patienten mit Remeron / Mirtazapin (youtube.com/watch?v=nC_JufRGK0c)
Anwendung und Dosierung
Der Wirkstoff wird meist als Schmelz oder Filmtablette oral eingenommen. Außerdem besteht die Möglichkeit, es als Tropfen oder Konzentrat in intravenösen Infusionen zu verabreichen. Das Antidepressivum ist verschreibungspflichtig und ausschließlich in Apotheken erhältlich.
Die Mirtazapin Höchstdosis liegt bei 30 bis 45 mg pro Tag. Der Patient sollte die Höchstdosis unter keinen Umständen überschreiten. Bei leichten Depressionen und zur Behandlung von Schlafstörungen verordnet man beispielsweise Mirtazapin Hexal 15 mg, da die 15 mg Wirkung in dieser speziellen Anwendung nicht so stark ist.
Die Tabletten werden unzerkaut zur Mahlzeit oder außerhalb der Mahlzeiten zusammen mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen. In der Dosis von 15 mg ist es dann eine Einzelgabe und wird einige Stunden vor dem Zubettgehen konsumiert, wenn man damit seine Schlafstörungen behandeln möchte. Allerdings kann der Facharzt auch zwei Mal eine halbe Tablette verordnen. Die Mirtazapin Wirkungsdauer beträgt etwa 20 Stunden.
Ob das Medikament gut oder schlecht wirkt, stellt der Patient meist nach einer Einnahmedauer von mindestens 14 Tagen fest.
Bei einer versehentlichen Überdosierung empfiehlt es sich, ebenfalls so schnell wie möglich den behandelnden Mediziner zu konsultieren, da es im Extremfall sonst zu Ohnmacht, Herzrhythmus-Veränderungen, Herz-Rasen und Desorientiertheit kommen kann.
Patienten, die ihre abendliche Tablette vergessen haben, nehmen sie einfach am nächsten Abend. Müssen sie täglich morgens und abends eine Dosis konsumieren und haben sie ihre Morgen-Tablette vergessen, nehmen sie abends beide Tabletten. Wurde die abendliche Tablette vergessen oder gar beide, nimmt der Patient sie am nächsten Tag wieder zu den üblichen Zeiten. Zum langsamen Absetzen von Mirtazapin nimmt man beispielsweise 8 Wochen lang 15 mg und weitere 2 Monate dann 7,5 mg.
Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und Gegenanzeigen
Unter der Einnahme des Mittels kann es zum Auftreten einer ganzen Reihe von typischen Nebenwirkungen kommen, muss es aber nicht zwingend.
- Der Patient verspürt Trägheit und Müdigkeit sowohl am Anfang als auch während der gesamten Dauer der Behandlung, da Mirtazapin stark sedierend wirkt. Verbunden damit ist oft eine leichte Benommenheit tagsüber.
- Außerdem kann es zu Schwindel, Kopfschmerzen und Ödemen kommen.
- Es kann Durchfall, Fressattacken und als weitere Nebenwirkung Unruhe-Zustände hervorrufen. Es kann das Restless-Legs-Syndrom (RLS) und beim abrupten Mirtazapin Absetzen eine leichte generelle Unruhe verursachen.
- Durch das Medikament kommt es oft zur Gewichtszunahme. Es macht wegen seiner Appetitsteigerung fett. Das Antidepressivum verursacht mitunter höhere Cholesterin-Werte, da Mirtazapin den Fettstoffwechsel beeinflusst.
- Besonders bei Kindern und Jugendlichen kann Mirtazapin die Suizid Gefährdung erhöhen und verstärkte Aggressivität hervorrufen.
- Wird das Medikament nicht schrittweise abgesetzt, kann es zu vorübergehenden Schlafstörungen und Schwitzen kommen.
- Seltenere Mirtazapin Nebenwirkungen sind ein trockener Mund, starkes Schwitzen, Hautausschläge, zu niedrigerer Blutdruck, Tremor, Krampfanfälle, Muskel und Gelenkschmerzen, erhöhte Leberwerte, Albträume (Alpträume) und Halluzinationen.
- Patienten, die das Arzneimittel dauerhaft einnehmen müssen, sollten ihr Blutbild regelmäßig vom behandelnden Arzt kontrollieren lassen, da eine Blutbildungsstörung zu den Langzeitnebenwirkungen gehört, die unter Mirtazapin auftreten können.
Mirtazapin verstärkt die beruhigende Wirkung von Alkohol noch zusätzlich. Patienten, die das Arzneimittel einnehmen, sollten Autofahren möglichst vermeiden, da es die Fahrtüchtigkeit beeinflusst und reduzieren kann.
Es potenziert die Wirkung und Nebenwirkungen von Lithium, wenn dieses als weiteres Antidepressivum verabreicht wird. Außerdem macht Mirtazapin noch stärker müde, wenn man es zusammen mit Benzodiazepinen einnimmt.
Die Mirtazapin Dosierung sollte erhöht werden, wenn gleichzeitig Epilepsiemittel wie Carbamazepin oder Phenytoin verschrieben werden. Bei zeitgleicher Einnahme von Oxcarbazepin muss die Mirtazapin Dosis ebenfalls erhöht werden, da das Antidepressivum verstärkt renal ausgeschieden wird. Bei älteren Menschen, die Blutdruck senkende Mittel einnehmen müssen, kann das Arzneimittel zu niedrigen Blutdruck verursachen.
Das Präparat darf unter keinen Umständen verschrieben werden, wenn der Patient ein Glaukom (Grüner Star) hat oder über einen erhöhten Augeninnendruck verfügt. Dasselbe gilt für Patienten, die gegen den Wirkstoff allergisch sind.
Schwangeren sollte das Mittel ebenfalls nicht verordnet werden, da es im Tierversuch auf den Fötus schädigend wirkte. Auch während der Stillzeit sollten die Patienten das Antidepressivum nicht einnehmen, da im Tierversuch eine erhöhte Mirtazapin Konzentration in der Muttermilch nachgewiesen werden konnte. Bei bestehendem Kinderwunsch empfiehlt es sich, dass die Patientin zuvor ihren Arzt kontaktiert. Dasselbe gilt, wenn die Betroffene Mirtazapin konsumiert und schwanger wird.
Außerdem darf keine Einnahme erfolgen, wenn der Patient schwere Leber und Nierenschädigungen, eine Harnabgangsstörung, Epilepsie oder Schizophrenie hat.
Patienten, die MAO-Hemmer einnehmen müssen sowie Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sollte das Mittel ebenfalls nicht verschrieben werden.
Mirtazapin ähnliche Medikamente
Die Antwort Mirtazapin ja oder nein hängt davon ab, gegen welche Form der Depression ein Antidepressivum eingesetzt werden soll.
Gängige Mirtazapin Alternativen sind beispielsweise Citalopram und Venlafaxin.
- Das Medikament Citalopram wird oft statt Mirtazapin bei der mit Traurigkeit und mangelndem Antrieb verbundenen Form der Depression verordnet. Seine Hauptwirkung besteht im Unterschied zu Mirtazapin nicht darin, den Schlaf zu fördern, sondern antriebsteigernd zu wirken. Außerdem liegt der Fokus bei dem zur Gruppe der SSRI gehörenden Citalopram auf der Behandlung von Angststörungen und Panik-Attacken.
Mirtazapin und Citalopram lassen sich gut miteinander kombinieren. Citalopram hat im Gegensatz zu Mirtazapin kaum Nebenwirkungen und wird noch zusätzlich gegeben, wenn der Patient unter starken Angststörungen leidet: Morgens nimmt man Citalopram und abends Mirtazapin.
Die Frage, ob Mirtazapin oder Citalopram verordnet werden, richtet sich danach, welches der beiden Medikamente der Patient besser verträgt und danach, ob vorrangig die bei ihm vorliegende Angststörung behandelt werden soll oder nicht. - Auch Venlafaxin wird gegen Angststörungen und Panikattacken verschrieben. Es wird meist gut vertragen und hat wie Citalopram kaum Nebenwirkungen. Bei manchen depressiven Patienten wird entweder Mirtazapin oder Venlafaxin verordnet, da es bei ihnen sonst zum so genannten Serotonin-Syndrom kommt. Dieses Krankheitsbild geht unter anderem mit heftigem Fieber, Schwitzen, Herzklopfen, Durchfall, Ruhelosigkeit, Ohnmacht und der Nebenwirkung Angst einher. Andere Patienten vertragen beide Medikamente als Kombination, ohne dass es zu Nebenwirkungen kommt.
Verwendete Quellen
- https://de.wikipedia.org/wiki/Mirtazapin
- https://www.gesundheit.de/medizin/wirkstoffe/antidepressiva/mirtazapin
- https://flexikon.doccheck.com/de/Mirtazapin
- https://www.sanego.de/Medikamente/Mirtazapin/
- https://www.sanego.de/Mirtazapin-und-Schlafst%C3%B6rungen
- https://www.ellviva.de/Gesundheit/Mirtazapin-Wirkung.html ff.
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