Entwicklungsbedingte Ängste bei Kindern gelten als normal. Dennoch kennt etwa jedes 10. Kind schwere Angststörungen. Und Ängste sind mit die häufigsten psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Neben Phobien (krankhafte Angst z.B. vor bestimmten Tieren) treten einige ganz typische Kinderängste auf. Hat ein Kind Angst vor allem oder neigt zur Panik, stimmt etwas im Umfeld des Kindes nicht.
Inhaltsverzeichnis
- Kind hat Angst vor allem: Was ist Angst eigentlich?
- Entwicklungsbedingte Ängste bei Kindern
- Wenn Angst normal ist: typische Kinderängste
- Kind hat Angst vor allem: mögliche Ursachen
- Quellen für Unsicherheiten im Umfeld eines Kindes
- Wie geht man als Eltern mit der Angst von Kindern um?
- Was können LehrerInnen tun, wenn Kinder in ihrer Klasse entsprechende Symptome zeigen?
- Mein Kind hat plötzlich Angst im Dunkeln – was soll ich tun?
Kind hat Angst vor allem: Was ist Angst eigentlich?
Fachärzte bezeichnen Angst als ein subtiles Gefühl, das durch einen Eindruck der Bedrohung begleitetet wird. In der Psychologie wird Furcht, als akute Reaktion auf eine tatsächliche Bedrohung, deutlich davon abgegrenzt.
Die genauen Auslöser von Angst sind bisher nicht bekannt – jedenfalls nicht in den Fällen, in denen kein reale oder akute Bedrohung erkennbar ist.
Ein Kind hat dann vor allem Angst, wenn es sich innerlich nicht sicher fühlt. Betroffene sollten also zusehen, dass überängstliche Kinder diese Sicherheit wieder erlangen können.
Entwicklungsbedingte Ängste bei Kindern
Ängste gehören zum natürlichen Entwicklungsverlauf von Kindern und Jugendlichen dazu. In bestimmten Phasen des Älterwerdens treten typische Ängste auf:
- 0-6 Monate: Angst vor lauten Geräuschen
- 6-12 Monate: Angst vor unbekannten Personen
- ab 1 Jahr: Trennungsängste, Angst vor der Toilette
- ab 2 Jahren: Ängste in Verbindung mit Tieren und der Dunkelheit
- 3-4 Jahre: Angst vor Fantasiegestalten (z.B. Monstern im Schrank oder unter dem Bett)
- ab 5 Jahren: Angst vor bösen Menschen und Angst um die Eltern
- ab 6 Jahren: Angst, alleine zu schlafen
- ab 7 Jahren: medienbasierte Ängste, Angst vor Verbrechern und Naturkatastrophen
- ab 9 Jahren: Ängste rundum Erfolg und soziale Bindungen, Angst vor dem Tod
Angst zeigt sich bei Kindern durch Vermeidungsverhalten, viele Fragen, Ausweichen, Fluchtreaktionen oder Weinen.
Bei schweren Angststörungen zeigen sich zudem körperliche Symptome wie Verspannungen, Bauchschmerzen, Bettnässen, Einkoten, Schlafstörungen, Autoimmunerkrankungen oder körperliche Aggressivität.
Wenn Angst normal ist: typische Kinderängste
Einige Ängste sind bei Kindern völlig normal. Sie entsprechen dem natürlichen Verhalten. Möchte ein Kind nicht von einer hohen Mauer springen, so wie alle anderen Kinder, kann das daran liegen, dass die Angst dem Kind mitteilt: Tu das nicht, du kannst das (noch) nicht.
In diesem Fall tauchen die akute Angst oder Furcht als ein Warnmechanismus auf. Dann sollten Kinder auch nicht gedrängt, als Feigling beschimpft oder gehänselt werden. Sonst kann sich aus einer momentanen und berechtigten Angst eine dauerhafte Störung bilden.
Kinder bewältigen solche Ängste normalerweise von alleine. Ihr Spieltrieb, ihre Neugierde und der normale Drang zur Entwicklung sorgen dafür, dass sie einen Weg suchen, doch noch auszuführen, was sie sich vorgenommen haben. Ermutigt und sanft begleitet von Erwachsenen können zunächst ängstlich erscheinende Kinder doch noch eine sichere Persönlichkeit entwickeln.
Weitere typische Kinderängste, die sich mit der Zeit geben können, sind:
- Etwas nicht (sofort oder im Augenblick) zu schaffen.
- Etwas Wichtiges kaputt gemacht zu haben.
- Ins tiefe Wasser zu gehen, zu schwimmen.
- Neues auszuprobieren.
- Trennungsängste.
- Ängste vor Fremden, unbekannten Situationen.
- usw.
Mit diesen Ängsten sollten Eltern tolerant und gelassen umgehen. Es gilt, die Situation insgesamt sowie die persönliche Entwicklung des Kindes zu beobachten.
Kind hat Angst vor allem: mögliche Ursachen
Kinder fallen zunächst dadurch auf, dass sie von Natur aus, weniger Ängste als Erwachsene kennen. Viele Kinder gehen unerschrocken durch die Welt, erproben sich, knüpfen Kontakte oder probieren Neues aus.
Ängste entwickeln sich erst mit der Zeit. Über die Entstehung gibt es verschiedene Sichtweisen:
Erleben Kinder häufige Einschränkungen im Spiel oder im freien Ausdruck, können sich dadurch Schüchternheit, Vermeidungsverhalten oder ängstliche Persönlichkeitsmerkmale entwickeln.
Der häufige Kontakt mit negativ eingestellten oder selbst von Angst beherrschten Erwachsenen kann bei Kindern die Ausbildung von Angst oder sogar eine Sozialphobie begünstigen.
Noch immer sind sich Forscher nicht sicher, ob wir Menschen als unbeschriebene Blätter zu Welt kommen oder ob wir eine bestimmte Anlage der Persönlichkeit mitbringen.
Die Genetik wies lange darauf hin, dass wir über unser Erbgut bestimmte Eigenschaften und Anlagen von den leiblichen Vorfahren übernehmen.
Inzwischen gibt es eine weitere Wissenschaft: Die Epigenetik fand heraus, dass das menschliche Genom nicht absolut ist, sondern dynamisch auf Ereignisse und Einflüsse von außen reagiert. Demnach werden unsere Persönlichkeit, aber auch unsere körperliche Gesundheit viel mehr vom Umfeld bestimmt, als von einer vorbestimmten Anlage.
Die Gehirnforschung fand zudem heraus, dass Kinder bis zum Alter von sechs Jahren ein Gehirnwellenmuster zeigen, das dem Zustand der Hypnose entspricht.
Sie saugen wie ein Schwamm und ungefiltert alle Informationen aus dem Umfeld auf, von wo sie direkt ins Unterbewusstsein gelangen. Dort etablieren sich die Eindrücke (abgeschaut von den Eltern und anderen Menschen im Umfeld) als unbewusste Mechanismen und Programme, die die spätere Persönlichkeit ausmachen.
Zeigt ein Kind starke Angst, lohnt es sich zu überlegen, wo die Auslöser im Umfeld sein können oder wo sie in der Vergangenheit des Kindes gewesen sein könnten.
Quellen für Unsicherheiten im Umfeld eines Kindes
Ein überfürsorgliche oder ängstliche Erziehung
Ständige Sorgen ums Kind oder ängstliche Einwände bei bestimmten Verhaltensweisen können Unsicherheiten fördern.
Hier gilt, dass Erziehungspersonen solche Prägungen bei sich selbst erkennen und die Auswirkungen verstehen müssen.
Neben der Selbstbeobachtung lohnt es sich, vertrauenswürdige Erwachsene im Umfeld einmal zum eigenen Erziehungsstil und zum Thema Angst zu befragen.
Stress im Umfeld
Haben beide oder ein Elternteil sehr viel Stress, kann das ebenfalls zur Ausbildung von Ängsten beim Kind beitragen.
Gestresste Eltern suggerieren ständig Gefühle von:
- Es ist nicht genug da – Zeit, Geld, Dinge
- Lieblosigkeit
- Gefühle beim Kind, dass es stören könnte
- usw.
Dass hinter Stress Angst steckt, ist vielen Erwachsenen gar nicht bewusst. In diesem Fall bekommen sie durch das Verhalten des Kindes einen Spiegel vorgehalten: Sie selbst sind unsicher und das Kind hat vor allem Angst.
Es gibt häufig Streit
Wenn die Eltern häufige Konflikte miteinander austragen, bilden Kinder Ängste aus. Selbst wenn Eltern oft denken, dass Kinder Streitereien nicht mitbekommen, täuschen sie sich. Kinder definieren sich bis zu einem gewissen Grad über die Eltern. Selbst, wenn das Kind nicht Teil des Streits ist, übernimmt es die Strukturen in seine eigenen Bewertungsmuster.
Eine andere Quelle für solche Einflüsse ist das weitere Umfeld. Streiten Nachbarn häufig, sind die Nachbarn unfreundliche bis feindselige Menschen oder wird im Wohnhaus insgesamt viel gestritten, übernehmen Kinder auch solche Muster. Sie bilden eine Unsicherheit aus und in der Folge auch immer mehr Ängste.
Negativ beeinflussende Personen
Zeigt das Kind plötzlich Angst vor allem, können einzelne Beeinflusser dahinter stecken. Betroffene Eltern sollten Geschwistern, Freunden und anderen möglichen Bezugspersonen des ängstlichen Kindes auf den Zahn fühlen und die Situation so schnell wie möglich beenden.
Wie geht man als Eltern mit der Angst von Kindern um?
Hilfe, mein Kind hat Angst vor allem! In diesem Fall sollten Eltern zunächst gefasst bleiben (sie müssen Sicherheit bieten) und sich nicht schämen, dass ihr Kind Angst vor allem oder bestimmten Dingen zeigt.
Gemeinsam mit der Suche nach den Quellen sind diese Maßnahmen wichtig:
- Kinder ernst nehmen
- Gespräche
- Fürsorge und die Vermittlung von Sicherheit
- Desensibilisierungen
- Unterstützung in bestimmten Bereichen
- ein neues Verhalten im Umgang mit Angst beibringen (vgl. auch Umgang mit Ängsten bei Kindern)
- ggf. auch therapeutische Ansätze
Was können LehrerInnen tun, wenn Kinder in ihrer Klasse entsprechende Symptome zeigen?
Fallen Lehrkräften Ängste unter den SchülerInnen auf, müssen diese herausbekommen, ob die Angst im Schulumfeld oder im häuslichen Umfeld entstanden ist.
Kommen Nöte durch Hänseleien, Druck oder unfaire Verhaltensweisen (durch bestimmte LehrerInnen oder MitschülerInnen) zustande, sind Lehrkräfte aufgerufen zu helfen und die Situation zu entspannen.
Neben Gesprächen mit dem betroffenen Schüler sind regulierende Maßnahmen im Umfeld angezeigt.
Stammen die Ängste sehr wahrscheinlich aus dem Elternhaus, kann ein Gespräch mit den Eltern angezeigt sind. Eventuell verbirgt ein Kind die Gefühle zuhause oder wird nicht ernst genommen.
Mein Kind hat plötzlich Angst im Dunkeln – was soll ich tun?
Die Angst vor der Dunkelheit und dem Unbekannten gehört zu den menschlichen Urängsten. Bei Kindern bildet sie sich oft erst ab dem 2. Lebensjahr aus. Warum das ist, ist Forschern nicht bekannt.
Auch im späteren Lebensalter kann ein Kind plötzlich, sporadisch oder dauerhaft Angst vorm Dunklen haben.
Vielleicht hat das Kind Gruselgeschichten gehört, einen unheimlichen Film gesehen oder erlebt insgesamt eine Krise, in der die Psyche anfälliger für Störungen ist.
Neben der praktischen Abhilfe durch eine Lampe beim Schlafen und andere Hilfestellungen lohnt es sich, das Umfeld und den Konsum von Unterhaltungsmedien zu beobachten.
Quellen:
- neowake.de/gehirnwellen-lebensalter/
- meine-gesundheit.de/krankheit/krankheiten/angststoerung-kinder
- mdr.de/wissen/vernachlaessigung-hinterlaesst-spuren-im-gehirn-von-babys-100.html
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