Angst vor sozialen Kontakten

Angst vor sozialen Kontakten (© Natalia / stock.adobe.com)
Angst vor sozialen Kontakten (© Natalia / stock.adobe.com)

Manchmal sind die lieben Mitbürger ganz schön anstrengend. Auf manche Personen wirken sie sogar beängstigend. Doch in ihrem unmittelbaren sozialen Umfeld kennen auch solche Menschen die meisten Nachbarn und grüßen diese. Manche Menschen gehen von Natur aus offen auf Fremde zu, andere nicht. Wer Angst vor sozialen Kontakten hat, verhält sich anders. Am Beginn des sozialen Rückzugs steht Schüchternheit. Dann folgen negativ bewertete Erlebnisse. Diese führen zu steigender Unsicherheit.

Herzrasen, Erröten, Zittern und Schwitzen im Kontakt mit anderen zeigen an, dass es ein Problem gibt. Die latente Angst vor sozialen Kontakten entwickelt sich möglicherweise zu einer Sozialphobie / sozialen Angststörung. Diese zeigt sich u.U. durch Panikattacken beim Gedanken daran, in der Öffentlichkeit aufzufallen oder angesprochen zu werden. Die Phobie vor Menschen resultiert im schlimmsten Fall in gesteigerten Ängsten, Vermeidungsverhalten und Rückzug aus der Öffentlichkeit. Lesenswert hierzu auch: Angst mit Menschen zu reden (Link öffnet in neuem Fenster).



Wovor haben Menschen mit sozialer Phobie Angst?

Die Angst vor sozialen Kontakten beruht meist auf harmlosen, aber als peinlich oder verunsichernd wahrgenommenen Ereignissen. Personen, die Ohnehin von Schüchternheit und latenten Ängsten betroffen sind, werden dadurch immer unsicherer. Sie befürchten, sich zu blamieren. Sie haben Angst, dass ihr Gegenüber ihre Unsicherheit bemerkt und sie auslacht.

In der Folge fällt es diesen Personen immer schwerer, einen Fremden anzusprechen, um nach dem Weg zu fragen. Sie haben Probleme, zu einer Behörde oder einem neuen Arzt zu gehen. Prüfungen oder Gehaltsverhandlungen entwickeln sich zu Schreckensszenarien. Studierende mit einer Sozialphobie fühlen sich unfähig, ein Referat zu halten oder an einer Diskussion teilzunehmen. Sie können es nicht aushalten, im Beisein anderer zu essen oder zu telefonieren. Restaurantbesuche werden zunehmend gemieden. Verabredungen mit Freunden werden abgesagt oder unter fadenscheinigen Ausreden verschoben.

Irgendwann ist ein Punkt erreicht, wo diese Menschen ihr Leben aus eigenem Antrieb beschnitten haben. Die Ängste haben keinen realen Hintergrund. Situationen, die Ängste auslösen, sind alltäglich und harmlos. Dennoch werden sie mit Befürchtungen überfrachtet. Das erzeugt sogar Reaktionen im Körper der Betroffenen. Es kommt zu Herzrasen, Panikattacken, Schweißausbrüchen, Atemnot. Man hat das Gefühl, einer Ohnmacht nahe zu sein. Der Fluchtinstinkt in sozialen Situationen wird bei den betroffenen Personen immer stärker.

Vermeidungsverhalten sorgt dafür, dass die Zahl sozialer Kontakte sich auf die vertraute Familie beschränkt. Die gute Nachricht lautet: Von einer Sozialphobie betroffene Patienten können ihre Ängste auflösen, wenn sie sich behandeln lassen. Ein Psychotherapeut hilft ihnen, die Ursachen der sozialen Angst zu verstehen und mehr Vertrauen zu entwickeln. Zudem befinden sich solche Personen in bester Gesellschaft. Fachleute sagen, dass es mehr als zwei Millionen ähnlich Betroffene gibt. Die Angst vor sozialen Kontakten ist damit eine der häufigsten Angststörungen.

Quellen:

  • invirto.de/magazin/was-ist-eine-soziale-phobie/
  • angst-verstehen.de/phobien/sozialphobie-soziale-phobie/
  • therapie.de/psyche/info/index/diagnose/angst/soziale-phobie/
  • diesiegerin.de/wie-sich-soziale-angstzustande-anfuhlen-und-wie-du-mit-sozialer-phobie-leben-und-umgehen-kannst/

Welche Ursachen haben soziale Phobien?

Sozialphobiker leiden zwar oft an typischen Ängsten und Befürchtungen. Doch die Ursache ihrer sozialen Angst kann auf unterschiedliche Gegebenheiten und Erlebnisse zurückgehen. Viele Sozialphobiker sind extrem schüchtern. Manche könnte man als menschenscheu bezeichnen. Ob das auf autistische Neigungen, negative Erlebnisse mit Menschen oder eine erhöhte Sensitivität zurückgeht, ist unterschiedlich. Viele Personen, die unter sozialen Ängsten leiden, entwickeln massive Ängste vor Menschen.

Menschen, die man als Hochsensitive und Empathen bezeichnet, haben ein hochempfindliches Nervensystem. Sie fühlen sich oft überfordert von zu viel Öffentlichkeit. Da sie aber häufig gar nicht wissen, dass sie hochsensitiv sind, können sie zum Sozialphobiker werden. Sie ziehen sich zurück, um ihre empfindlichen Nerven zu schützen. Hochsensibilität ist angeboren. Insofern ist die daraus resultierende Angst vor überfordernden Kontakten naheliegend. Verstehen diese Menschen aber, dass sie hochsensibel oder hellfühlig sind, können sie sinnvolle Strategien entwickeln, um mit ihrer Empfindsamkeit bewusster umzugehen.

Hochsensitive Personen und Empathen ziehen sich ebenfalls aus der Öffentlichkeit zurück. Sie tun das, wenn sie Ruhe brauchen und etwas verarbeiten müssen. Das kann man jedoch nicht als krankheitsbedingtes Vermeidungsverhalten bezeichnen. Der zeitweise soziale Rückzug beruht nicht auf Ängsten. Bei einer ausgeprägten Sozialphobie wird der Rückzug von anderen jedoch eindeutig von der eigenen Angst bestimmt. Manche Menschen nehmen täglich angstlösende und beruhigende Medikamente, um überhaupt arbeiten gehen zu können. Andere beruhigen sich mit Alkohol oder Drogen. Die Angst vor Situationen, die einem Angstgeplagten eine Konfrontation mit Fremden aufnötigen, ist krankheitswertig.

Jede befürchtete oder bevorstehende Beurteilung durch andere löst die Befürchtung aus, peinlich zu sein, lächerlich zu wirken oder demütigende Erfahrungen zu machen. Vielfach entwickeln schon Kinder und Jugendliche soziale Ängste. Genetische Veranlagungen sind in manchen Fällen anzunehmen. Sind schon die Eltern sozialphobisch veranlagt, ist oft auch der Nachwuchs kontaktgestört. Unter anderem können die Ursachen von sozialen Ängsten in negativen, belasteten oder vermeintlich peinlichen Erlebnissen oder Mobbing-Erfahrungen im jungen Alter gesucht werden.

Dazu addieren sich unsichere und von Selbstzweifeln geplagte Persönlichkeiten. Auch elterliche Erziehungsfehler, seelische Konflikte durch Todesfälle oder Scheidungen in der Familie sowie eigene Trauma-Erfahrungen tragen bei einigen Personen zu einer Sozialphobie bei.

Quellen:

  • psychic.de/soziale-phobie-ursachen.php
  • netdoktor.de/krankheiten/phobien/soziale-phobie/
  • balancerehazentrum.de/psychische-erkrankungen/sozialphobie/
  • balancerehazentrum.de/psychische-erkrankungen/sozialphobie/

An welchen Anzeichen erkennt man eine soziale Phobie?

Typische Warnsignale zeigen an, dass soziale Ängste entstehen. Wer solche Anzeichen an sich oder anderen bemerkt, sollte aufmerksam werden. Der oder die Betroffene fürchtet die Aufmerksamkeit anderer und eine Beurteilung durch Fremde. Typische Warnsignale für das Entstehen sozialer Ängste sind

  • die Befürchtung, von anderen abgelehnt oder gehänselt zu werden
  • Angst vor prüfenden Blicken oder Fragen
  • Angst vor Restaurantbesuchen in Gesellschaft anderer
  • Angst, einen Vortrag oder ein Referat halten zu müssen
  • Angst vor einer engeren oder intimen Beziehung
  • die Befürchtung, bei Begegnungen zu stottern oder zu erröten
  • die Befürchtung, in der Öffentlichkeit Herzrasen oder Panikattacken zu erleiden
  • das Vermeiden von Blickkontakt oder größerer Nähe zu anderen Personen
  • das Vermeiden von Berührungen und Umarmungen
  • Angst vor einem Blackout oder einer Ohnmacht bei Begegnungen
  • die Befürchtung, kritisiert oder verhöhnt zu werden
  • geringes Selbstwertgefühl und starke Komplexe
  • und Symptome wie Übelkeit, Durchfall, Herzrasen und Harndrang vor Terminen.

All das resultiert am Ende in Vermeidungsverhalten und sozialer Isolation.

Quellen:

  • Angst unter Menschen zu gehen
  • aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/psychologie/soziale-phobie-anzeichen-ursachen-und-therapie/
  • schoen-klinik.de/soziale-phobie
  • coachinglovers.com/angst-loslassen/soziale-phobie-symptome/
  • leading-medicine-guide.de/erkrankungen/psyche/soziale-phobie

Welcher Job eignet sich bei einer sozialen Phobie?

Klar ist, dass Angst vor sozialen Kontakten auch am Arbeitsplatz Auswirkungen hat (und zwar nicht nur bezogen auf die Angst vorm ersten Arbeitstag). Die Frage ist, ob die Angststörung bereits so weit gediehen ist, dass sie das komplette Sozialleben umfasst. In manchen Fällen sind vertraute Umfelder noch zu bewältigen. In anderen können die betroffenen Personen ihre Ängste nur noch durch Medikamente oder Alkohol in Schach halten. Die Symptome einer Phobie auf diese Weise zu unterdrücken, ist allerdings kontraproduktiv. Besser wäre es, sich beim Zunehmen angstbesetzter Situationen Hilfe zu holen. Die Verhaltenstherapie ist sehr erfolgreich, wenn es um soziale Ängste und Phobien geht. Siehe auch ÄVPS.

Niemand kann dauerhaft vermeiden, sich bestimmten Situationen im Leben zu stellen. Der Versuch bedeutet totale soziale Isolation, kompletten Rückzug aus der Öffentlichkeit, Einsamkeit und letztlich auch frühe Verrentung. Letztere ist nicht zurückzunehmen, wenn die Betroffenen es sich irgendwann anders überlegen. Der Mensch ist ein soziales Wesen. Ohne Kontakte zu anderen kann er dauerhaft nicht existieren. Kein Mensch begibt sich freiwillig in lebenslange Isolation. Um aus der Vermeidungsfalle zu entkommen, muss der Patient aber seine Angststörung als solche anerkennen und Hilfe annehmen.

Prominente wie Greta Garbo oder Howard Hughes entwickelten sich im Alter zu Sozialphobikern. Beide hatten zuvor keine Angst vor sozialen Kontakten. Beide waren prominent. Sie standen jahrelang im Blickpunkt der Median und der Öffentlichkeit. Dann zogen sie sich immer mehr aus der Öffentlichkeit zurück. Beide besaßen aber trotz ihrer angstbesetzten Gedanken ausreichend Möglichkeit, sämtliche Lebensnotwendigkeiten zu finanzieren. Im Normalfall müssen Menschen mit einer sozialen Phobie Geld verdienen. Zudem trägt ein Job oft dazu bei, mehr Selbstwertgefühl zu entwickeln. Das ist aus therapeutischer Sicht wichtig.

Eine denkbare Alternative für Sozialphobiker wäre es, als Freiberufler oder Selbstständiger zu arbeiten. Damit kommt man seinen Ängsten entgegen. Ob das hilfreich ist, muss jeder selbst entscheiden (Was kann man gegen Angst machen?). Es gibt leider nicht allzu viele Berufe, in denen jahrelange Heimarbeit möglich ist. Die Corona-Pandemie sorgt jedoch seit 2020 für eine Veränderung in dieser Sache. Bisher galt: Die meisten Jobs in Heimarbeit sind – mit wenigen Ausnahmen – unseriös. Sie werden zudem schlecht bezahlt. Alternativ bedingt Heimarbeit, dass jemand schon jahrelang für das Unternehmen gearbeitet hat. Die Entscheidung, zukünftig nur noch von Zuhause aus zu arbeiten, mag lediglich für einen Hochsensiblen oder Empathiker hilfreich sein, sofern er ansonsten seine sozialen Kontakte pflegt.

Führt eine soziale Phobie aber zu dem Gedanken, das Homeoffice als dauerhafte Flucht vor der Bewältigung der Angst zu nutzen, ist es der falsche Weg. Ängstliche Menschen meiden so immer mehr Situationen, in denen sie gesunden könnten. Es durch eine Psychotherapie möglich, seine sozialen Ängste zu überwinden. Ein normales Leben zu leben, ist ein Geschenk. Dieses kann sich jeder Sozialphobiker erarbeiten. Wenn harmlose Situationen zu Ängsten führen, mindert das die Lebensqualität. Von den Karrierechancen einmal abgesehen. Jeder Angstpatient sollte die Höhe seiner späteren Altersente im Blick behalten. Die Aussicht auf Armut im Alter ergibt eine starke Motivation, um Hilfe anzunehmen.

Quellen:

  • de.wikihow.com/Geld-verdienen-trotz-einer-sozialen-Phobie
  • karrierebibel.de/soziale-phobie/
  • soft-skills.com/glossar/sozialphobie-soziale-angststoerung/
  • neurologen-und-psychiater-im-netz.org/neurologie/ratgeber-archiv/artikel/soziale-phobie-beeintraechtigt-berufliche-perspektive-fruehzeitige-behandlung-wichtig/

Wie können Betroffene ihre soziale Angst überwinden?

Die Angst vor sozialen Kontakten kann durch eine psychotherapeutische Behandlung gelindert oder geheilt werden. Die Basis jeder Beziehung ist Vertrauen. Daran mangelt es den Patienten, die Angst vor sozialen Kontakten haben. Es mangelt außerdem an Selbstwertgefühl. Die Behandlung kann daher in Form einer Verhaltenstherapie in kleinen Schritten an beiden Situationen arbeiten. Die Symptome verabschieden sich mit jedem erfolgreich bewältigten Übungstag. Die vertrauensvolle Partnerschaft mit einem Psychotherapeuten ist bei Angst vor sozialen Kontakten die Grundlage dafür, dass angstbesetzten Situationen die falsche Risikoeinschätzung genommen wird.

Der Psychotherapeut kann die Angst vor sozialen Kontakten durch veränderte Sichtweisen in eine andere Perspektive rücken. Die Furcht, rot zu werden oder zu versagen, verringert sich mit jeder erfolgreichen Übung (siehe auch: Keine Ängste mehr haben). Der Therapeut vermittelt dem Patienten hilfreiche Strategien und Skills. Diese helfen ihm dabei, neue Anfänge zu machen. Wenn die Angst vor sozialen Kontakten schon jahrelang besteht, ist sie nicht binnen kurzer Zeit aufzulösen. Es braucht dafür Geduld und Durchhaltevermögen. Als Erwachsener verfügt der Patient jedoch über die Fähigkeit und den Intellekt, seine Lage neu betrachten zu können. Jeder kann an seinen Ängsten wachsen. Ergänzend zur Verhaltenstherapie können Betroffene sich an „Emotions Anonymous“ wenden. Dort treffen sie auf andere Betroffene.

Die Menschen, denen sie dort begegnen, haben ähnliche Probleme. Ein Angstpatient muss hier nicht fürchten, ausgelacht oder gemobbt zu werden. Er kann den anderen Betroffenen ohne Furcht auf Augenhöhe begegnen. Alle haben oder hatten dieselben Symptome – und keinem Betroffenen müssen diese peinlich sein. Irgendwann werden alltägliche Situationen für all diese Menschen wieder normale Situationen sein. Hilfreich und stressmindernd wirkt die achtsamkeitsbasierte und religionsunabhängige Meditationsform MBSR nach Jon Kabat-Zinn. Diese kann problemlos und ergänzend zur Verhaltenstherapie eingeübt werden. Mancher Patient entdeckt während der Verhaltenstherapie, dass er überhaupt nicht beziehungsunfähig ist. Er kann daher irgendwann eine glückliche Partnerschaft eingehen.

Auch im Job kann ein Angstpatient zukünftig wieder seinen Mann stehen und erfolgreich sein. Dafür lohnt es sich doch, eine Behandlung mittels Psychotherapie anzustreben. Ziel der Behandlung ist es, neue Sicht- und Verhaltensweisen einzuüben. Damit werden festgefahrene neuronale Spuren im Gehirn umdefiniert. Die tief im Gedächtnis eingefrästen „neuronalen Autobahnen“ der Angstwahrnehmung werden durch die Psychotherapie mit anderer Streckenführung versehen. Diese Methode ist sehr erfolgreich.

Angst vor sozialen Kontakten (© Natalia / stock.adobe.com)
Angst vor sozialen Kontakten (© Natalia / stock.adobe.com)

Quellen:

  • mittel-gegen-angst.de/?msclkid=4bfe71b16e811c80e5c4104d8e0c295d
  • psylex.de/stoerung/angst/soziale-phobie/behandlung/
  • neurologen-und-psychiater-im-netz.org/neurologie/ratgeber-archiv/artikel/behandlung-der-sozialen-phobie-normalisiert-hirnveraenderungen/
  • zentrum-der-gesundheit.de/krankheiten/psychische-erkrankungen/weitere-psychische-erkrankungen/soziale-phobie-ia
  • conquersocialanxiety.com/behandlung/
  • ea-selbsthilfe.net/
  • traumaheilung.de/warum-wir-immer-wieder-das-gleiche-tun/
  • youtube.com/watch?v=XwvbfPn9YaM
  • youtube.com/watch?v=o_n4rTqTywk