Angst vor Arbeit und Chef

Angst vor Arbeit und Chef (© Tiko / stock.adobe.com)

Angst vor der Arbeit und dem Chef: Ursachen und Hintergründe

Angst vor der Arbeit und dem Chef ist ein häufiges Phänomen, hinter dem sich reale Bedrohungen, Leistungsstress und uralte Prägungen gleichermaßen verbergen. Eng verbunden sind die Angst, nicht gut genug zu sein sowie die allgemeine Furcht vor Autoritäten und wertenden Systemen.

Chef und Chefin: Zusammenhänge und Bedeutungen

Das Wort Chef stammt aus dem Französischen und leitet sich dort weiter von „caput“ für „Kopf“ ab. Schaut man kulturhistorisch zurück, sind Assoziationen zum Chef:

  • Stammesoberhaupt
  • Clanführer
  • Gruppenführer
  • Adelige
  • Lehensherren
  • Familienoberhäupter (paternal)
  • Anführer revolutionärer Gruppen
  • spirituelle und kirchliche Oberhäupter
  • Gott

Heute sind der Chef oder die Chefin führende Angestellte eines Unternehmens, deren Inhaber oder Vorgesetzte.

Die Rolle des Chefs oder einer Chefin

Die Oberhäupter von Arbeitsgruppen, Teams und Firmen haben führende sowie fürsorgliche Aufgabe. Sie dürfen von den Angestellten Leistungen verlangen, müssen selbst aber auch Leistungen einbringen:

  • Struktur und Ordnung vorgeben
  • Einkommen ermöglichen
  • Einkommen sichern und ausbezahlen
  • für Gruppenzusammenhalt sorgen
  • Infrastrukturen erschaffen und finanzieren
  • Sozialleistungen erbringen
  • Mitarbeiter fördern
  • konstruktives Feedback geben

Auf der negativen Seite können in Verbindung mit einem Vorgesetzten diese Kräfte stehen:

  • überhebliches Verhalten und Absolutismus
  • Machtmissbrauch
  • strafende Wertung- bzw. Abwertung von Mitarbeitern
  • ungerechte Behandlung von Mitarbeitern
  • schlechte Kommunikations- und Gesprächskultur
  • cholerische Verhaltensweisen
  • Vermeidungsverhalten
  • Fördern von Konflikten in Gruppen
  • Egoismus und Narzissmus
  • bipolare Verhaltensweisen (vgl.: Was ist eine affektive Störung)

Diese Verhaltensweisen finden sich bei Führungspersönlichkeiten und Weisungsbefugten aller Ebenen und unabhängig vom Geschlecht.

Hier geben die Coaching-Experten Cornelia und Stephan Schwarz Auskunft über Psychospielchen und Machtmissbrauch durch Vorgesetzte.

Angst vor der Arbeit und dem Chef: Ursachen

In der Angst vor dem Chef und der Arbeit fließen unterschiedliche Ängste und Strömungen zusammen. Zum einen sind moderne Ängste und Probleme beteiligt:

  • Arbeitsplatzmangel
  • Leistungsdruck
  • Verlustängste
  • finanzielle Ängste
  • Zeitängste
  • Performanceängste (nicht gut genug sein)

Vermutlich sind aber auch Einflüsse vorhanden, die aus dem kollektiven Menschheitserbe stammen.

Über Genetik sowie ererbte Denk- und Verhaltensweisen werden Menschheitserinnerungen weitergegeben: Unterdrückung durch Adelige, Lehensherren, die Kirche und anderen Führungspersönlichkeiten der menschlichen Vergangenheit.

Noch vor 150 Jahren waren ausbeuterische Systeme in der Landwirtschaft, Industrie, im Bergbau und in anderen Sparten an der Tagesordnung. Arbeitnehmer erkämpften sich ebenso mühsam ihre Rechte und Freiheiten wie später die Frauen.

Diese kulturhistorischen und sozialgeschichtlichen Aspekte spielen bei der Angst vor der Arbeit und dem Chef sicher eine Rolle.

Andere Ängste wie beispielsweise Unsicherheiten vor dem Antritt einer neuen Stelle (siehe: Angst vor neuer Arbeit, Angst vorm ersten Arbeitstag), ein gewisser „Respekt“ vor beeindruckenden Persönlichkeiten oder Unwohlsein in neuen Situationen sind normal und sollten nicht sofort als Angststörung oder Phobie gewertet werden.

Angst vor Arbeit und Chef (© Tiko / stock.adobe.com)
Angst vor Arbeit und Chef (© Tiko / stock.adobe.com)

Der Arbeitsplatz als Menschengruppe

Schaut man sich den Arbeitsplatz einmal von einer anderen Warte aus an, so passiert dort dies: Eine Gruppe von Menschen trifft aufeinander, um an diesem Ort irgendeine Art von Leistung zu erbringen.

Diese wird angeboten und getauscht beziehungsweise für Geld verkauft.

Arbeitsplätze sind heute Treffpunkte von Menschen, die außerhalb der Arbeit oft nicht sehr viel miteinander zu tun haben. Oft können sich die Mitarbeiter innerhalb einer Firma nicht leiden und harmonisieren nicht wirklich.

Schlimmstenfalls werden solche Gruppen nur durch Not und das Bedürfnis Geld zu verdienen zusammengehalten.

Für die Strukturen (auch den Ort, die Einrichtung, Kommunikationswege usw.) sorgen der Chef oder die Chefin.

Die Art und Weise, wie diese Oberhäupter agieren, wirkt sich bis in die niedersten Ränge der Gruppe aus und nicht immer besetzten wirkliche Führungspersönlichkeiten diese Posten. Unsichere Leitfiguren werden sehr schnell zu einer Belastung für die Mitarbeiter.

Firmen und Arbeitsplätze sind von Hierarchien geprägte Systeme. Ob diese menschenfreundlich, offen und kommunikativ sind (also ein gutes Gefühl erzeugen) oder von Menschenverachtung, Machtmissbrauch, schlechter Kommunikation und Druck geprägt sind (und schlechte Gefühle erzeugen) liegt mit an der Art und Weise wie Chefs innerhalb eines Betriebs agieren.

Dazu kommen Querschläger und einzelne Mitarbeiter, die selbst innerhalb ansonsten sozialer und umgänglicher Firmensysteme für Probleme sorgen und eine Arbeitsplatzphobie begünstigen können.

Wer in Firmen mit einem toxischen Klima gerät, kann Ängste entwickeln, da Strukturen aus Unterdrückung, Zwang und Abwertung wahrhaftig nicht förderlich auf die Psyche und das Wachstum eines Menschen einwirken.

Wie äußert sich die Angst vor der Arbeit und dem Chef?

Typische Verhaltensweisen sind:

  • nicht zur Arbeit gehen wollen (Depression und Ängste am Morgen)
  • Zurückhaltung (den Chef nicht ansprechen können)
  • Vermeidungsverhalten (der Chefin besser erst gar nicht begegnen)
  • innerer Groll (Wut auf Führungspersönlichkeiten)
  • Gefühle der Kleinheit und Machtlosigkeit (Unterlegenheitsgefühle)
  • Firmenversammlungen oder –events meiden (Ängste vor Kollegen).

Körperliche Symptome sind:

  • Schwitzen und Nervosität in der Gegenwart des Chefs
  • Stottern bis hin zum Wegbleiben der Stimme
  • Herzrasen
  • Atemproblemen
  • trockener Mund
  • Schwindel
  • Konzentrationsschwäche.

Die Angst vor dem Chef und der Arbeit kann so schlimm werden, dass sich daraus eine ernsthafte Störung entwickelt; vgl. Angst vor sozialen Kontakten. Betroffene haben dann mitunter Panikattacken am Morgen.

Ist die Angst vor dem Chef und der Arbeit real oder eingebildet?

Beides kann zutreffen!

Möglich ist dieses Beispiel:

In einer Firma ist ein stark missbräuchlicher Chef (oder eine ganze Führungsriege am Werke). Solche Menschen können, vor allem wenn sie stark manipulative oder narzisstische Züge tragen, das Übel gut kaschieren. Oft wird die Schuld an beängstigenden Situationen anderen zugeschoben und unter den Kollegen werden Konflikte, Neid und Konkurrenz gefördert.

„Starke“ oder kämpferische Persönlichkeiten können in einem solchen Umfeld zu Hochform auflaufen und sich durchbeißen. Schwächere, sehr soziale oder typische Opfer-Persönlichkeiten leiden dagegen.

Daraus kann sich in Verbindung mit Abhängigkeitsschematiken eine akute Angst vor dem Chef und der Arbeit entwickeln.

Neben dieser realen Form der Angst, die schließlich zur Entwicklung einer Angststörung führen kann, gibt es diese Form:

Ein Arbeitnehmer hat in der Kindheit, in der Schule oder zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn Missbrauch durch Autoritäten erfahren.

Da der Archetyp des Chefs oder des Oberhaupts in vielen Gestalten vorkommt (Vater, Lehrer, Gott usw.) können die Ursachen für eine Angst vor dem Chef vielfältig sein.

Später wird sich ein so geprägter Mensch immer vor Autoritäten und Oberhäuptern fürchten. Das Reaktionsmuster ist bei einer etablierten Angststörung ein Automatismus geworden. Selbst wenn Personen dann mit eigentlich netten Chefs oder einer kooperativen Chefin in Kontakt kommen, kann die Angst vorhanden sein und das Verhältnis belasten.

In diesem Fall gehen Betroffene fast immer mit einem Vermeidungsverhalten durchs Leben. Nicht wenige wählen den Weg in die Selbstständigkeit oder gehen schlimmstenfalls in die Arbeitslosigkeit, weil die Arbeitsplatzphobie so stark ausgeprägt ist, dass es überall Probleme gibt.

Konflikte mit Kollegen, Mobbing und die Folgen

Neben den Problemen mit Führungspersönlichkeiten sind Konflikte unter Mitarbeitern am Arbeitsplatz sehr häufig. Durch Persönlichkeitsstörungen, Ängste, Spannungssituationen und allgemein zunehmendem Stress können in Firmen wahre Kämpfe unter Mitarbeitern ausbrechen.

Manipulative, narzisstische oder von starker Konkurrenz geprägte Arbeitsplätze sind heute keine Seltenheit.

Häufig halten Menschen diese Situationen einfach aus. Gedanken und Ängste, den Job zu verlieren oder unbeantwortete Fragen bezüglich der Zukunft, halten Arbeitnehmer in ungesunden Umfeldern.

In diesem Beitrag gibt der Fachbuchautor Hans Honsa ausführliche Erklärungen und Tipps zum Thema „Krieg am Arbeitsplatz“.

Angst vor der Arbeit und dem Chef: Selbsthilfe und professionelle Therapie

Die Angst vor Autoritäten ist recht verbreitet, nicht immer muss sie sofort von einem Psychologen behandelt werden (siehe auch: Wann sollte man zum Psychologen gehen).

Oft reichen Gespräche mit (ebenfalls betroffenen) Mitmenschen, Reflexion der eigenen Gedanken und Verhaltensweisen sowie eine Beleuchtung möglicher Ursachen aus.

Entspannungstechniken, Meditation und Achtsamkeitstrainings sind weitere Möglichkeiten, unberechtigte Ängste zu mildern (vgl.: Was kann ich gegen Angst tun).

Manchmal verschwinden die Ängste, wenn Betroffene die Stelle wechseln. Treten die Probleme im neuen Job wieder auf, wäre es angebracht, ein Coaching oder eine psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen.

In Fällen von immer wiederkehrendem Mobbing am Arbeitsplatz, sozialen Problemen (Angst vor sozialen Kontakten) oder Problemen mit Autoritäten schauen sich Systematiker die Rolle des Klienten an und finden Auswege aus diesen Mustern.

Durch Gesprächstherapien, Rollenspiele, das Aufspüren von Traumata und die Etablierung neuer Denk- und Verhaltensweisen können viele Angststrukturen erfolgreich gelöst werden.

Zu Medikamenten werden Therapeuten nur dann greifen, wenn die soziale und wirtschaftliche Sicherheit eines Betroffenen durch die Angststörung gefährdet ist. Eine langfristige Lösung stellen Medikamente jedoch nicht dar (vgl. auch: Medikamente gegen Angst und Unruhe).

In leichten Fällen und vorübergehenden Situationen können homöopathische Heilmittel (Globulis gegen Angst), Bachblüten oder der Hanf-Wirkstoff CBD für mehr Ruhe und Ausgeglichenheit am Arbeitsplatz sorgen.

Siehe auch: Angst vor Kündigungsgespräch mit Chef.